Unter https://tigo-running.de/ueber-mich/ habe ich bereits beschrieben, wie ich überhaupt zum Laufen kam! Aber nicht nur der erste Schritt zum Läufer war wichtig, sondern was motiviert mich weiterhin zu Laufen? Wieso tut mir Laufen gut? Was bedeutet das Laufen für mich? Wie bleib ich dran?
Ich war schon immer eine zurückhaltende, eher introvertierte Person. Wieso ich damit anfange? Weil es grundlegend für mein Wesen ist und dem was mir letztendlich das Laufen bedeutet. Ich habe in meinem Leben schon viele Dinge erleben müssen, darunter leider auch einige Schicksalsschläge.
Früher (in meinem Teenie Alter) – als ich das noch nicht so fassen konnte – hinterfragte ich nicht alles. Ich war Leistungssportler (Schwimmen), war für mein Alter sehr fit und war mehrmals pro Woche trainieren. Ansonsten ist man üblicherweise mit der Schule beschäftigt oder mit seinen sonstigen Hobbies – vermutlich damals Computerspiele 🙂 Als ich 9 Jahre alt war, erwartete ich nicht nur die Geburt meiner kleinen Schwester, sondern verlor auch meinen Onkel. Doch ich konnte dies – wie gesagt – noch nicht greifen. Was das für Auswirkungen hat. Was das für meine Mitmenschen (vor allem) meinem Vater, der seinen Bruder verlor, bedeutete. Ich meinte nur zu meinem Vater: (wortwörtlich) “einer geht (Onkel), dafür kommt ein neuer Mensch (Geburt Schwester) nach. Gleichgewicht hergestellt.” Ich meinte das nicht böse, aber natürlich war diese Aussage für meinen Vater nicht hilfreich. Eher im Gegenteil.
Doch ich konnte manche Dinge nicht nur nicht fassen, sondern verlor irgendwann auch noch die Motivation am Sport. Ich weiß nicht warum. Aber sie war nicht mehr da. Ich probierte kurzzeitig andere Sportarten. Natürlich die, die auch mein großer Bruder machte, wie z.B. Handball. Aber das war einfach nichts für mich. Also machte ich nichts. Träumte vor mich hin, beschäftigte mich mit Computern oder dem guten alten Game Boy und Tetris 😉 Damals waren Bücher nix für mich …
Das erste Thema, was wieder als Hobby zu sehen war, aber auch mein Leben mit Sinn füllte – war mein Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr. Dort lernte ich nicht nur viele meiner ältesten und besten Freunde kennen, sondern auch viel fürs Leben. Sowohl praktische (handwerkliche) Dinge als auch viele Lektionen, bzw. was ein kaputtes Kabel mit einer Wohnung/Haus anstellen kann. Und bei der Feuerwehr wurde ich auch wieder körperlich mehr gefordert. Klar, machte man mit den Kollegen der Feuerwehr auch Sport. 1x wöchentlich 60min kicken, das war es. Natürlich neben den Feuerwehreinsätze und -übungen. Ja, auch die waren definitiv oft schweißtreibend. Aber ich kam in ein Alter, in dem lieber in der Freizeit gefeiert wird. Daher brauche ich über die damalige „ausgewogene“ Ernährung nicht viel sagen. 😊
Und so kam es im Jahr 2000: ich gerade mal 18, verlor meinen geliebten Opa. Während eines Feuerwehreinsatzes habe ich diese Nachricht erhalten. Ich hatte jedoch kein Ventil, damit umzugehen. Es zu verarbeiten. Außer Feiern zu gehen. Ich wollte es nicht damit verdrängen, jedoch wollte ich mich auch nicht direkt auseinandersetzen müssen. Klar grübelt man darüber, trauert, aber ich fand nie das richtige Ventil um es letztendlich zu verarbeiten. Und es war der erste Tod, den ich bewußt von einem geliebten und engverbundenen Menschen erlebt habe.
Und so zog sich das – wie ein schwarzer Faden – immer weiter durch mein Leben.
2004 starb meine Oma. Ihr habe ich auch viele handwerkliche Griffe & Kniffe zu verdanken. Denn sie hatte immer wieder Projekte für meinen Bruder und mich. „Mauert mir eine Mauer, baut mir den Kamin ab usw.“ 😀
2005 verlor ich dann einen meiner besten Freunde, Thomas. Er lebte vor, wie man das Leben lebte und genießen kann! Er war ein Lebemann, mit vielen Träumen, die er – so wie ich ihn kannte – auch direkt umgesetzt hätte. Er radelte einfach quer durch Bayern, weil im einfach danach war 😊 Und dann? Wurde er mit 24 Jahren plötzlich aus dem Leben gerissen.
2010, direkt zu Jahresbeginn verlor ich den nächsten Kumpel. Arbeiteten zusammen im Kino nebenbei, feierten zusammen, lachten viel und plötzlich – war er nicht mehr da!
Ebenfalls 2010 – verlor ich meinem Vater. Meine große Bezugsperson. Wenn ich Fragen hatte – fragte ich Papa! Er brachte mir soviel bei. Er war auch mal streng und zeigte mir Grenzen auf, aber zeigte mir damit auch gleichzeitig den Weg. Mit ihm habe ich so viele Dinge erlebt. Und letztendlich – durch seine Erziehung – bin ich auch der Mensch geworden, der ich heute bin. Aber in einigen Belangen war er auch sehr unvernünftig. Aber meinem Papa habe ich es zu verdanken, dass ich nie das Rauchen angefangen habe! Er hatte aber auch immer wieder verdammt viel Glück in seinem Leben. Hatte einen schweren Schlaganfall, überlebte es, machte eine Pause von der Arbeit, aber änderte leider sonst nichts an seinem Lebensstil. 2010 stand eine große OP an. Und erst verlief es gut und dann änderte sich sein Zustand täglich. Vier Wochen zwischen Koma, Intensivstation, wach sein, wieder Koma und unendlichen Schmerzen, mußte ich im August 2010 mich von meinem Vater (60) verabschieden! Letztendlich war sein Körper einfach zu schwach. Gleichzeitig mußte ich für meine Mama und meine kleine Schwester da sein. Das gab mir irgendwie Kraft, wenn ich für andere da bin. Aber setzte mich nicht selbst mit dem Verlust und meiner eigenen Trauer nicht auseinander. Zum Glück hatte ich super Freunde an meiner Seite, die in den Momenten für mich da waren. Aber es gab auch einige Menschen, die in dieser Zeit ihr wahres Gesicht zeigten …
Parallel kämpfte meine Mama mit ihrer Krankheit Parkinson herum. Sie hatte es gut im Griff, doch es wurde von Jahr zu Jahr immer schlimmer. Jahrelang hatte ich mich neben der Arbeit um sie gekümmert, sie Tag & Nacht gepflegt, bis sie 2015 dann in ein Heim mußte. Es ging nicht mehr anderes. Da ich auch nicht mehr zur Ruhe und zum Schlafen kam. Aber der Schritt – war die Hölle.
Im selben Jahr (2015) verlor ich dann auch noch meine Oma – die Mutter meiner Mutter. Auch von ihr lernte ich so viele Weisheiten kennen und gab mir so viel fürs Leben mit. Nicht nur, dass ich ja immer genug esse – sondern sie hatte auch immer einen Spruch parat 😊
Meine Mama war letztendlich drei Jahre in diesem verf*** Heim. Viele Altersheime sind nicht wirklich tolle letzte Kapitel in einem Leben. Und was in diesen Jahren dort vorkam, hat definitiv noch mehr leid hinzugefügt. Die letzten Monate verbrachte meine Mama im Rollstuhl. Und nachdem meine Mutter sich so sehr über meinen ersten Halbmarathon und Marathon freute – meinte sie immer wieder: „Timo, ich will auch laufen gehen können“. Und mein großes Ziel war, meine Mutter wieder zum Laufen zu bringen. Wir machten Übungen, ich erzählte ihr von meinem Training und ich motivierte sie. Doch der Körper und die Eigenmotivation meiner Mutter baute leider immer weiter ab und die hohen Dosen ihrer Medikation veränderten das Wesen meiner Mutter.
2018 hörte das Herz meiner Mutter zu schlagen auf. Die Kraft und der Lebenswille fehlten. Dazu ist einfach zu viel passiert und die Krankheit war bereits zu weit fortgeschritten und hat meine Mutter an sich verändert. Nur in ganz wenigen Momenten konnte ich noch meine Mama, so wie ich sie kannte, erkennen. Und es war täglich schmerzhaft, dass sie immer mehr vergaß, gar nichts mehr selbständig konnte, auch kaum noch kommunizieren und nicht mehr wirklich „am Leben teilhaben“ konnte. Es zerriß mir das Herz, aber ich wußte auch gleichzeitig, dass es am Ende das Beste für sie war.
Ich habe aus jedem Schicksalsschlag etwas gelernt und fürs Leben mitgenommen. Jede Person, hat mir was fürs Leben mitgegeben – auf die eigene spezielle und besondere Art. Und jeder Verlust war so unglaublich schmerzhaft. Ist es heute definitiv auch noch. Aber da immer wieder was passierte, war es wichtig für andere zu funktionieren und nicht daran kaputt zu gehen. Denn das Leben geht immer wieder weiter. Die Erde bleibt nicht stehen, sie dreht sich weiter. Es ist wichtig, die geliebten Menschen nie zu vergessen, die Erinnerungen nie verblassen zu lassen, aber auch genau deswegen nach vorne zu schauen. Vor allem für die Menschen, mit denen das Leben geteilt wird und da sind!
Mir hätte in all diesen vergangenen Jahren ein Ventil geholfen. Um nicht einfach nur die Decke anzustarren oder durch Kneipen zu ziehen und zu trinken. Klar, das hat auch geholfen und ich hatte immer meine Freunde um mich herum und war gut abgelenkt und habe weitergelebt, aber ich habe diese Geschehnisse nicht (sofort) verarbeitet. Oft sogar nur überspielt.
Und wenn ihr euch Fotos von mir von vor 10 Jahren anschaut – naja seht selbst:

Das hat Zeichen hinterlassen. Paar Kilos zu viel, blasse Haut und vor allem aufgedunsen. Dazu die Trägheit, die Müdigkeit, fehlende Energie, wechselhafte Launen, die Übersäuerung und den damit anderen verbundenen Wehwehchen! Ich bin richtig erschrocken, diese Bilder wieder zu sehen. Wie konnte ich dies über mich ergehen lassen und habe das so hingenommen? Wieso habe ich meinen Arsch nicht hochbekommen? Wieso hat mir niemand in den Arsch getreten?
Rückblickend wußte ich damals nicht was ich wollte, wo ich hinwollte in und mit meinem Leben. Hinzu kommt, dass ich in meinem Leben immer wieder mich mit toxischen Menschen zu lange aufgehalten habe und nichts dran geändert habe. Ja, ich habe es gemerkt, wer mir guttat und wer nicht, doch ich unternahm nichts. Lange nichts. Zum einen, weil es auch positive Momente mit diesen Menschen gab, aber ich auch immer wieder an eine Kehrtwende dachte. Aber ich habe einfach nichts gemacht. Vielleicht fehlte mir auch die Energie, der Auseinandersetzung? Aber genauso, habe ich Menschen, die mir guttaten, zu früh aufgegeben oder ziehen lassen. Klingt paradox, war es auch.
Blicken wir zurück zum Sport:
Ich war oft motiviert, laufen zu gehen. Motiviert diesen Sport zu betreiben. Aber der Ehrgeiz war zu niedrig. „Ich geh heute laufen, aber …“ – am Ende wieder nicht laufen gewesen. Ich hatte einfach keine Ziele. Mir selbst keine Ziele gesteckt. War orientierungslos. Und zu bequem. Eindeutig. Ich bekam den Hintern nicht hoch. Ich gebe es zu, manchmal ist der Start alleine zu Laufen auch schwierig. Wenn mich jemand angetrieben hätte, hätte ich es vielleicht früher geschafft. Und das klingt auch wieder nach einer Ausrede! Ich hätte es alleine hinbekommen sollen. Die theoretische Motivation war präsent, aber ich konnte sie nicht auf die Straße / Trails bringen.
Im Nachhinein stellt man sich immer an das eigene ICH viele Fragen. Wieso habe ich nicht früher begonnen? Wieso habe ich so viele Dinge nicht probiert? Wieso bin ich nicht einfach mal woanders hingefahren und war dort laufen? Wieso habe ich mir kein Wochenende für kleine Laufabenteuer gegönnt? Das Problem: das ist die Sicht von meinem jetzigen ICH – damals hatte ich andere Dinge im Kopf! Die Dinge die mich jetzt antreiben, haben mich damals nicht angetrieben. Sie kamen mir vielleicht auch nicht in den Sinn, aber andererseits war ich mit dem glücklich was und wie ich es damals gemacht habe! Und wir kennen es doch alle: wie oft würden wir gerne, in der Vergangenheit Dinge anders angehen? Vor allem mit dem Wissen und der Erfahrung die wir in der Gegenwart besitzen 🙂 Aber das rum hadern bringt auch nichts – manchmal ertappe ich mich noch mit der “Was wäre wenn Frage”, doch im gleichen Moment denk ich mir: “So what! Ändern läßt es sich nicht mehr, aber ich kann JETZT die Dinge so angehen wie ich möchte! Ich kann JETZT die Dinge machen, wie ich sie will! Und ich kann jetzt der Mensch sein, den ich zum aktuellen Zeitpunkt sein möchte!” In 10 Jahren blick ich wahrscheinlich wieder zurück und greife mir an den Kopf 🙂 Die wichtigste Lektion ist, dass wir aus Vergangenem lernen und im hier und jetzt glücklich und zufrieden sind! Aber diese Denkweise muß auch erst gelernt sein!
Als es dann letztendlich Klick gemacht hat und ich mich wirklich als Läufer fühlte, fand ich zu mir selbst. Das Laufen war kein Zwang mehr, keine Qual – sondern wenn ich Laufen gehen konnte, machte es mich glücklich. Ich war zufrieden. Ich war ausgeglichen. Und meine Laune stieg spürbar an. Ich hatte Zeit für mich. Das war Qualität. Kein Pflichten, keine Mails, keine Anrufe, keine Menschen die von mir in diesem Zeitraum etwas wollten. Sondern einfach Zeit für mich. Ich konnte abschalten. Nachdenken. Dinge sortieren. Dinge verarbeiten. Und das gab mir einen weiteren Energieboost. Jeder Lauf, ließ mich Themen verarbeiten. Und das ist auch einer der Gründe, weshalb ich mich nach dem Laufen so gut fühle. Aber natürlich auch, die körperliche Tätigkeit, die frische Luft und das Tageslicht 🙂 Das schüttet ebenfalls zusätzlich noch Glückshormone aus.
Ich bin froh, dass ich in meinem Leben dann doch noch eine Möglichkeit gefunden habe, die mich erdet, mich ausgleicht und Dinge verarbeiten lässt! Als wenn ich diese Erfahrung nie hätte erleben dürfen und immer noch auf der Suche nach etwas sinnvollem für mich wäre 🙂 Und Laufen gehen, ist ein Privileg, was die meisten nicht zu schätzen wissen. Es gibt genug Menschen (habe es in meinem direkten Umfeld oft genug miterlebt) die dies nicht einfach machen können! Oder schauen wir uns andere Länder an … daher nutzt die Chance. Und es muß nicht immer Laufen sein: ob Spazieren gehen, wandern, walken, springen, tanzen, Yoga .. geht an die frische Luft und bewegt Euch! Tut – was Euch gut tut!
Ich bin mir sicher, solch ein Artikel wird wieder kritisch gesehen. Aber das ist nun mal passiert und wieso sollte ich meine Erfahrungen nicht teilen? Wen es nicht interessiert, muß es ja nicht lesen 😉
Und natürlich könnt ihr mich anschreiben & anquatschen, wenn ihr noch Fragen habt, oder einfach nur Reden wollt!
Euer Timo