Endlich. Endlich konnte ich wieder in den Bergen einen Wettkampf laufen. Übers Jahr dachte ich mir, Wettkämpfe sind mir gar nicht mehr so wichtig. Es ist einfach schön, seine neuen Touren in den Bergen laufen zu können. Allein. In seiner Zeit. Doch irgendwie fehlte mir das andere doch. Die Anspannung, die Menschen, das Außenherum … Mehr dazu weiter unten im Text 😉
Wir (meine Familie und ich) sind bereits am Donnerstag per Bahn angereist. Wir dachten mit Kleinkind ist das entspannter. Können zusammen in Ruhe spielen, genug Zeit zum Umsteigen usw. – doch bereits im Zugabteil war die Entspannung weg, als auch beim Umsteigen. Der erste Sprint des Tages. Dazu fiel 15 min vor Innsbruck der Zug wegen eines Defektes aus. Nochmal alles packen und rüberrennen. Ein Traum. In Innsbruck angekommen, war der Streß erst mal weg. Eine wunderschöne Stadt, die Sonne scheint und das Hotel direkt um die Ecke. Und die kleine Maus hat direkt Hunger 😊 Stresslevel steigt wieder 😀
Freitag – der Tag vor dem Wettkampf. Vormittags haben wir uns entschieden bei bestem Wetter die Stadt ein wenig anzuschauen, gemütlich zu Frühstücken und in den Alpenzoo zu gehen. Dass es am Ende 27 Grad im Schatten sind und der Alpenzoo (trotz Bahn) einige Höhenmeter hatte, machten mich ziemlich fertig. Ich versuchte viel zu trinken, aber puh … schwitzte mehr raus! Am Ende waren wir den ganzen Tag auf den Beinen und ich war doch recht müde. Gerade die Beine und alles zwickte und war verhärtet. Yeah 😊 Ich fuhr dann nachmittags mit dem Bus in die Olympia World, checkte beim Lauf ein, fachsimpelte mit Dynafit wegen des Flasks Problem an meinem Rucksack und holte meine Startunterlagen ab. Und so langsam kribbelte es. Das Event packte mich und die Anspannung stieg ein wenig. Nach einem leckeren vietnamesischen Abendessen (am anderen Ende der Stadt), legten wir uns ins Bett. Ich legte grob alles zu Recht und um 5:45 Uhr klingelte der Wecker.
Samstag – ich war schon früher wach. Problem – die Betten quietschten so laut, dass sobald ich mich bewegte, meine Tochter und/oder Frau wach werden. Ich rollte mich aus dem Bett und im Dunkeln suchte ich meine sieben Sachen zusammen, um mich dann im Flur des Hotels anzuziehen. War etwas komplizierter. Danach zum Hauptbahnhof gelaufen, leichter Nieselregen, jedoch nicht kalt. Auf der Suche nach dem Bus, aß ich meine Banane (denn an meinen Rosinenzopf kam ich im Zimmer nicht, raschelte zu laut). Sah die Busnummer, flitzte hin, verlor dabei die Hälfte meiner Banane und der Busfahrer machte vor meiner Nase die Tür zu. Toll. Hatte doch noch 3 min Zeit? Er hätte auch einfach sagen können, dass er Dienstende hat. Also wieder fünf Buslängen zurückrennen. Puh. Ab geht’s.
An der Olympia World war schon einiges los. Ich gab meine Drop Bag ab und setzte mich in den Shuttle Bus nach Kranebitten. Ich war erstaunlich entspannt, aber beobachtete alle Läufer*innen. Wie sie ausgestattet sind, die Aufregung, die Stimmung. War von allem was dabei.
In Kranebitten lief ich mich ein wenig warm und traf Steffen. Wir beide trainieren bei Lars von Michael Arend Training und kannten uns nur aus der WhatsApp Gruppe. Dann ging es zum Startblock. Auf dem Weg aß ich noch eine ClifBar und quetschte mich nach einem „Equipment-Quick-Check“ in den Block. Tief durchatmen. Sitzt alles richtig. Und los. Die Taktik war, die Hälfte des Rennens bei einem Puls von unter 140 zu bleiben. Gar nicht so einfach, aber bis zur Mutterer Alm ging es bergauf. Die Strecke war laufbar und länger flach, als ich dachte. Bis zur ersten VP ging es nicht wirklich hoch. Wann kommen denn die Höhenmeter? Ich lief genau meinen Stiefel. Verpflegte mich ein wenig und ging weiter. Und dann ging es doch hoch und es war mehr ein Hiken, als Laufen. Aber das ist ok. Uns erwarten 42km und wir sind am Anfang. Ich war gut drauf und die Schwere in den Beinen vom Vortag wie weggeblasen. Ich beobachtete auch den Rest des Teilnehmerfelds und wunderte mich, wieso man in Minischritten bergauf läuft, anstatt einfach zu gehen. Kostet doch viel weniger Energie. Aber jede*r soll ihr / sein Tempo laufen. Ich blieb bei der Vorgabe von Coach Lars, und trotzdem schwankte meine Herzfrequenz und kam auch über die Schwelle. Bei km15 waren wir dann an der Mutterer Alm. Definitiv das Highlight des Laufes. Sowohl von der Aussicht als auch der Stimmung. Auch wenn der Weg über die viele Wurzeln nach oben manchmal mühselig war. Ich bog zur VP ab, nahm ordentlich Salz und Bananen zu mir. Füllte die Flaschen auf und zog den Rucksack ab, um die Laufstöcke hinten wieder zu befestigen. Ab jetzt wird gelaufen! Da müssen die Hände frei sein 😉 Und los gings. Ab jetzt kamen viele laufbare Wege und viele tolle Singletrails. Auch hier waren viele Wurzeln unterwegs, aber es machte einfach Spaß. Ich lies es laufen. Und drückte zu sehr aufs Tempo. Ich überholte einen nach dem anderen. Und mein Selbstbewusstsein stieg. Das Training zahlte sich voll aus. Erst langsam machen und dann richtig Spaß haben. Dies ging auch bis km25 super. Dann rutschte ich weg und mein linker Oberschenkel verkrampfte. Ich machte langsamer und merkte, wenn ich noch mal falsch belaste, bricht der Krampf richtig aus. Cool bleiben, Timo. Ganz cool bleiben. Ich atmete tief durch und versuchte meine Gedanken von den Beinen abzulenken. Gelang mal mehr oder weniger gut. Dann kamen wieder Downhill Passagen und da wurde es verdammt kritisch. An der nächsten VP nahm ich eine Handvoll Salz zu mir und paar Bananen. Noch paar ClifBloks hinterhergeschoben und viel getrunken. Zum Glück laufen wir erstmal über Straße und kurz danach ging es wieder in den Wald und Downhill. Ich versuchte ein Tempo zu finden, mit dem ich gut vorankam, jedoch aber auch keinen Krampf riskieren würde.
Bei km33 war denn so weit, Beide Oberschenkel zogen zu. Ich sah direkt mein DNF. Ich musste stehen bleiben und alle zogen wieder an mir vorbei und sahen mich herumhumpeln. Was lief falsch? Egal. Was kann ich jetzt machen, um zu finishen? Ruhig bleiben. Richtig. Ich bewegte mich, wie auf rohen Eiern und ging und ging um dann wieder ins Laufen überzugehen. Eine VP wartet noch. Die sollte ich zwar links liegen lassen, aber ab jetzt ist die Taktik egal. Und von einer Traum Zielzeit von 4:30h habe ich mich verabschiedet. Ich schaffte es zur nächsten VP und löffelte das Salz. Trank noch mal Isogetränke und lief weiter. Es ging, aber nicht toll. Vor jedem Up- oder Downhill hatte ich echt Respekt. Ich konnte die tolle Umgebung gar nicht wahrnehmen. Es ging durch eine schöne Schlucht, durch die die türkisblaue Inn floss. Richtig toll, aber ich beißte mich durch und vor mir eine Läuferin, deren Tempo ich zumindest beibehalten konnte. Doch irgendwann verlor ich sie fast aus den Augen. Ich muss doch noch laufen können? Kann doch nicht nichts mehr gehen. Und was war das? Es ging noch mal rauf? WIESO? 🙂 Mit einer anderen Mitstreiterin kämpfte ich mich nach oben, an einigen Wanderern vorbei und es ging rauf und rauf. Das bedeutet jedoch, es geht auch bald wieder runter! Davor hatte ich bammel. Wir hatten das gleiche Tempo, sie sah eindeutig fitter aus. Aber für mich zählt nur die Ziellinie, ob jetzt vor oder hinter ihr … ich muss da erstmal hinkommen. Was ich generell beim Lauf beeindruckend fand, dass die Personen, die überholt wurden, einen noch motivierten und anfeuerten. Oder wenn wir merkten, wir kämpften beide, uns über unsere Wehwehchen austauschten und beklagten (das Knie, der Oberschenkel … jeder hatte was anzubieten… was aber bedeutete – es ging allen zum jetzigen Zeitpunkt gleich) und uns Mut machten, ins Ziel zu kommen.
Ich schaute auf die Uhr und eine SUB5 ist möglich. Das war das ursprüngliche Mindestziel und vor dem Lauf hätte ich das auch sofort unterschrieben. Ich konnte meine Zeit bei solch einem Lauf vorab gar nicht einschätzen, aber unter 5h nehme ich. Auf geht’s!
Downhill … in Serpentinenform. Warum? Eng um die Ecken rennen ist jetzt alles was ich NICHT brauche. Ok los geht’s … vorsichtig, aber in einem gewissen Tempo. Das muss doch gehen. Die Dame hinter mir, bekam wohl jetzt auch Krämpfe… kann so gut mitfühlen …
Km40 hatte ich noch eine Pace von 9:45min/km (hier ging es auch noch mal 57m hoch), Km41 4:39min/km und Km42 – der Zieleinlauf – eine 4:21min/km. Da vorne ist das Stadion, die letzten Meter, noch eine Schleife drehen und da ist das Ziel. Ich holte noch 2-3 Personen ein und auch die Dame die 6km vorm Ziel mir davonzog. In der letzten Kurve zog ich vorbei und sprang von meinen Gefühlen überwältigt (keine Ahnung warum, aber die Anspannung fiel ab & ich merkte, ich habe es geschafft) ins Ziel nach oben! Puh … was ein Lauf. Und wen haben wir im Zielbereich: meine Tochter Valeska und meine Frau Julia. Das gab mir noch mal einen extra Push! Ohne die Beiden wäre dieser Lauf nie möglich gewesen. Sie mussten aufgrund des ganzen Trainings öfters auf mich verzichten. Und dafür kann ich nur ein riesengroßes DANKESCHÖN sagen!
Ich unterhielt mich im Ziel noch mit Steffen, trank ein paar alkoholfreie Weizen, nahm Vitamine zu mir und ging direkt mit meiner Familie auf den Spielplatz! 😊 Keine Pause – als Familienpapa, keine Chance 😊