2017 – es ist soweit. Was ich bisher nicht einmal in meinen kühnsten Träumen vorgestellt habe … ich plane einen Marathon. Den ersten wichtigen Schritt habe ich hinter mir – die Anmeldung. Nun geht es um die Vorbereitung. Wie ich vorankomme, wie ich trainiere, welche Höhen und Tiefen kommen werden, werde ich Euch hier erzählen. Ich weiß selber noch nicht, auf was ich mich hier eingelassen habe 😉 Aber es wird spannend … für mich 🙂
Update 26.06.2017:
Und ob es spannend wird. Ich liege weit hinter meinem Trainingsplan zurück und allzuviel Zeit bleibt mir nicht mehr … hmmm? Aufgeben? Bereits vorm Start? Niemals. Wenn ich mir nicht gerade ein Bein vorher brechen sollte, ist Nicht-Antreten keine Option 🙂
Was passierte? Nach der Leistungsdiagnostik (07.04.2017) by Jörg Oberle (www.joerg-oberle.com), bekam ich einen auf mich zugeschnittenen Trainingsplan. Der Umfang war ordentlich, aber machbar. Aber ich bekam es nicht hin. Und dann fingen Schmerzen am linken Knie am Außenband an, dazu Rückenschmerzen und so kam eins zum anderen. Hausarzt, Orthopäde, MRT (02.08.2017), wieder Orthopäde, Physio … man man man .. in der Zeit hätte ich auch viel trainieren können. Hätte! Am Ende war ich nämlich an dieser Misere natürlich selber dran schuld. Nur ich alleine! Ja richtig gelesen! Ich Dödel, war selber dran schuld. Wieso? Weil ich nur gelaufen bin. Mein Trainingsplan bestand nur aus langsamen und schnellen, kurzen und langen Läufen. Das wars. Kein Dehnen, keine Stabilitätsübungen, kein Lauf-ABC, keine Alternativsportart. Nix. Dazu kam die Baustelle, in dem ich Freitags und Samstags immer am Haus rumgewerkelt habe, was extrem auf den Rücken ging. Auch die Knie wurden dadurch enorm in Mitleidenschaft gezogen. Das sieht man auch an meinem unterirdischen Trainings-umfang im Juli und August. Hier hätte das Trainingspensum natürlich kontinuierlich gesteigert werden sollen und müssen. Gut, ich habe mich auch nicht ganz auf die faule Haut gelegt, aber so war der Plan für meinen ersten Marathon definitiv nicht. Doch wie ging es weiter? Ich wusste, ich probiere bis Tag X ob es klappt. Aufgeben war keine Option. Nie! Also widmete ich mich täglich meinen Faszien, hatte 1x wöchentlich Physio, versuchte langsam zu laufen und immer wieder zwischendurch ein paar spezielle Dehnübungen für meine “Verletzungen” zu machen. Doch was hatte ich überhaupt? Gemäß dem MRT habe ich erstmal keinen Bandscheibenvorfall, sondern “nur” Arthrose in drei Lendenwirbeln – sprich Abnutzungserscheinungen. Gut, ich werde eben nicht jünger 😀
Ansonsten kamen typische Laufverletzungen hinzu- das Piriformis Syndrom – der Gesäßmuskel bereitet Schmerzen, die sich dann im unteren Rücken bemerkbar machen. Zum anderen, ITBS – das Iliotibialband-Syndrom – bekannt auch als Läuferknie. Und damit fing es an. Und ich weiß es noch ganz genau – es war der 23.05.2017 – bei einem Workout beim City Night Run in Aschaffenburg. Plötzlich war der Schmerz im Knie außen da. Ich dachte mir nichts dabei und am nächsten Tag war es auch wieder gut. Wenn keine Belastung auf das Knie, besser auf das Band kommt. Es machte sich immer bemerkbar, ab ca. einer Stunde Laufen oder nach 11-12 km. Man konnte die Uhr danach stellen und es zieht dann so dermaßen rein, dass ich mich nicht mehr bewegen kann (außer mit extremen Schmerzen!). Doch wie kommt das Zustande? Ganz einfach: unzureichendes Aufwärmen, zu wenig Dehnen, zu schnelles Steigern des Trainings, zu harter Untergrund, falsche Schuhe und und und. Das besagte Band reibt sich während dem Laufen an der Kniescheibe und wird dadurch gereizt. Und irgendwann wird es eben extrem schmerzhaft! Wenn man dazu sich noch die Foren durchliest, und dass man 3-6 Monate ausfallen kann und es nicht belasten sollte, kann einem schlecht werden und man gibt die Hoffnung auf oder wird eben unvernünftig (bzgl. des Trainings) bzw. vernünftig mit dem Alternativtraining und dem langsamen Steigern der Läufe! Wäre doch gelacht, wenn ich das bis Oktober nicht hin bekomme.
Im Juli waren es ganze 47,8 km – im gesamten Monat! Davon drei schnelle Wettkämpfe -> Stichwort: Unvernunft! Im August ging es schon besser, bin ich wieder auf 96,4 km gekommen, aber natürlich viel zu wenig für eine Marathonvorbereitung. Erst im September habe ich mich wieder nach oben gearbeitet, mit knapp über 126 km. Der erste Härtetest war der Tegernseer Halbmarathon. Und … was soll ich sagen. Bin so gut wie schmerzfrei durchgekommen. Ich bin auf dem richtigen Weg 🙂 Im Oktober habe ich dann noch einmal Gas gegeben, 229 km – den Beginn machte der Aschaffenburger Halbmarathon – wo ich gleich absolute Bestzeit lief. Wow! Jetzt hat mich das Marathon Fieber gepackt. Schmerzfrei, die Beine sind im Training und Wettkampf schnell. Ab zusätzlich habe ich nun auch das Functional Training auf dem Plan mit hereingenommen und das war die Erfahrung die ich brauchte. Erstens bin ich in eine coole Truppe aufgenommen worden, zweitens machte es Spaß, drittens brachte es enorm viel!
Noch drei Wochen … und ich musste endlich meinen ersten langen Lauf machen. Ich bin Sonntags, einem Tag nach dem Drink & Run-Lauf (doofe Idee) frühs mit Michael laufen gewesen. Er kam 10 km mit, bis er sein Auto gefunden hat und ich legte dann los. Von Aschaffenburg durch die Fasanerie, nach Schweinheim, bis Gailbach, wieder zurück, durch die Stadt, Richtung Schönbusch, eine große Schönbusch-Runde und wieder heim. Am Ende waren es knapp 31 km und die Muskulatur und der Rücken hielten! Und ich war schlag kaputt. Bin nur noch auf die Couch gefallen. Über 11 km fehlen noch bis zum großen Ziel. Jedoch beginnt jetzt die Tapering Phase. Mein Coach meinte, keine langen Läufe mehr! Verdammt. Kamen doch wieder Zweifel auf (schaffe ich das wirklich?), jedoch andererseits auch Euphorie, da ich über 30 km gelaufen bin und das schmerzfrei. Am Ende überwiegt die Hoffnung!
Die letzte Woche … die Aufregung steigt … noch wenige Tage dann ist es soweit. Nun heißt es drei Tage keine Kohlenhydrate und schnelles intensives Training. Glykogenspeicher leeren. Ab Donnerstag hieß es dann, Speicher wieder auffüllen. Das war heftig 🙂
Die Nacht davor … ich war erstaunlich entspannt und konnte durchschlafen! Hätte ich nie gedacht. Bei meiner Halbmarathon-Premiere war die Nacht davor komplett unruhig …
Der Wettkampftag – 29.10.2017 … früh aufstehen und es regnete ununterbrochen. Super. Danke – lieber Wettergott! Bei meinem Halbmarathon-Debüt war dies ebenfalls so .. ich habe definitiv ein Händchen für sowas. Aber das ist normal – da wo ich bin, ist Regen 🙂
Es ging zum Aschaffenburger Hbf, schnell noch paar Rosinenbrötchen gekauft und ab zum Zug. Mit dem ICE ging es dann nach Frankfurt zum Hbf und von dort aus, dann knapp zwei Kilometer bis zur Messehalle. Dort war es noch erstaunlich ruhig. Wenige Menschen und man konnte sich in Ruhe umschauen. Ich habe meinen Beutel abgegeben und einfach nur da gesessen und war noch immer total entspannt. Warum? War mir selber ein Rätsel! 🙂 und andere versuchten auf Teufel komm raus mich nervös zu machen 🙂 Noch zwei Stunden bis zum Start …
Das Warten dauerte gefühlt ewig .. jedoch gegen 09:30 Uhr machten wir uns zum Startblock auf. Und es passierten Wunder – die Wolken rissen auf, blauer Himmel kam zum Vorschein und die Sonne! Yes! Die Startblöcke füllten sich, jede Menge Menschen und keine WC-Häuschen … und das ist auch eines der Dinge die vorm Start sein müssen. Vor Aufregung noch mal wohin. Aber war ja nichts. Und wir hatten die tollen Bauzäune um uns herum und nur Büsche und dort standen überall Polizisten. Egal .. noch 10 min .. ich muss jetzt .. also klettere ich drüber und was passiert? Ich rutsche ab … autsch! 🙂 Toll! Und jetzt 42.195 km laufen. Super! So zurück in den Startblock und ich habe jede Menge Läuferinnen und Läufer aus Instagram gesehen!
10… 9… 8… 7… 6… 5… 4… 3… 2… 1… Startschuss! Und ab gehts … mein bis dato größtes Laufabenteuer startet. Ich vs. meinen Willen!
Man muss sagen, es war sehr sehr windig. Der Sturm wehte durch die Hochhäuser, so dass man plötzlich einen Meter nach außen gedrückt wurde. Aber die Stimmung war fantastisch und nach 1-2 km sind uns an der ersten Schleife die Profi – Läufer entgegengekommen. Wir feuerten alle Arne Gabius an, der sogar Luft hatte uns allen zu zuwinken. Einfach ein sympathischer Kerl.
Jedoch nach ca. 9 km bekam ich Bauchschmerzen. Fantastisch! Also dachte ich, das nächste Dixie ist mir. Diese kamen alle 5 km. Jedoch standen da bereits immer Leute, also weiter. Wieder. Bei km 18 bin ich dann raus, jedoch stand ein Mädel an, die ich dann vorgelassen habe. Und bin einfach mit den anderen Jungs hinter die Häuschen. Und danach ging es mir richtig gut. Schmerzen weg, und weiter gehts. Jedoch war auf einmal der 04:00h Pacemaker vor mir. Wie kann das sein? Ich bin mit dem 03:45h Pacemaker gelaufen, habe mich leicht fallen lassen und war eine Minute draußen und soll 15 min verloren haben? Nein nein nein, das kann nicht sein. Meine Uhr war eh immer einen Kilometer voraus … ich war verwirrt. Aber durfte mich nicht aus der Ruhe bringen lassen. An der Halbmarathon-Marke stand eine Uhr und ich konnte sehen, wie ich voran kam. Jetzt wurde wieder einiges klarer. Habe die Hälfte geschafft und das in einer passablen Zeit. Man soll ja langsam beginnen … 01:58:48 für die ersten 21.1 km. Ok – kurz überlegen. Ich fühle mich gut, nichts zwickt, die Beine sind nicht schwer, das Wetter ist gut, was hält mich davon auf jetzt Gas zu geben? Was kann passieren? Ein Krampf? Ja und? Die Beine werden schwer? Das gehört dazu 🙂 Also gab ich Gas. Ich beflügelte mich selber. Überholte immer mehr Läufer und mein Grinsen wurde immer breiter. Ich lief und lief und lief. Kein Schmerz, nirgends. Es kamen Kilometer 25 … 28 … 30 .. oh da war doch was .. zwischen km 30 – 35 soll der Mann mit dem Hammer kommen? Doch war er? Wo blieb er? Ich machte mir Gedanken, obwohl es mir gut geht. Hmmmm .. ich sah immer mehr richtig gut aussehend trainierte am Rand mit Krämpfen, mit Tränen in den Augen, beißend, kämpfend .. aber bei mir passierte nichts. Ich dachte jede Minute, bei jedem Schritt passiert ist. Aber es lief. So wurde ich unterbewusst immer schneller, habe immer mehr Läufer überholt und lies mich einfach treiben. Genoss den Augenblick. Genoss die Menge am Rand, die mit Schildern, mit Musik, mit Lachen, mit Klatschen einfach motivierten. Kilometer 35 … wow … soweit bin ich noch nie gelaufen. Das Ziel ist greifbar nahe. Ich befinde mich wieder in der Frankfurter Innenstadt. Musik ausschalten und einfach die Stimmung genießen. Ich fühlte mich super. Klar, ein wenig merkte man die Beine, aber nicht wirklich schlimm. Bei Kilometer 37 stand mein guter Freund Max am Rand, ich lief quer rüber, klatschte ab und war froh ein bekanntes Gesicht zu sehen! Und weiter gehts. Noch 5 km – ein Klacks 🙂 Irgendwann kam die alte Oper wieder und von dort aus, ist es nicht mehr weit. Jetzt kann wirklich nichts mehr passieren. Schlussspurt … Läufer waren am Rand, gaben auf. Ich schrie ihnen zu .. come on .. noch 2 km auf gehts, Aufgeben gibts nicht. Aber keine Reaktion. Kann mir das auch noch passieren? Wurde ich zu früh zu schnell? Nein wurde ich nicht .. ich konnte die Festhalle sehen! Das gibt es doch nicht. Bin ich gerade wirklich einen Marathon gelaufen? Hab ich es tatsächlich geschafft? Ich biege ab … Zielgerade … der rote Teppich liegt da, der Eingang zur Festhalle greifbar nahe … noch 500 m … ab in die Festhalle … es ist laut, zehntausende Menschen – doch ich nehme das alles nicht wahr … da ist das Z-I-E-L! Mein Ziel, mein großes Ziel 2017 – es ist direkt vor mir … jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa ich habe es geschafft! Wow … was ein Gefühl … wow … Wahnsinn … doch leider wurde man gleich aus dem Zielbereich weitergeschoben … Ich lief die zweite Hälfte über 9 Minuten schneller mit 01:49:34h – genial. Am Ende hatte ich eine Netto-Zielzeit von 03:48:22h – Stolz machte sich in mir breit, mein Grinsen kann mir nun niemand mehr nehmen. :)))))))))))))))
Nach all dem was ich dieses Jahr deswegen durchmachte, war mein primäres Ziel “Ankommen” – und mein unterbewusstes Ziel < 4:00 h und nun? 12 Minuten unter der Sub4! Verrückt.
Ja es sollte mein einziger Marathon bleiben, doch nun will ich mehr! Ich will das noch einmal erleben. Ich will einen weiteren Marathon laufen … oder sogar noch mehr … 😉