Das Jahr 2022 neigt sich dem Ende zu und es ist an der Zeit es für mich persönlich dies Revue passieren zu lassen. Was ist aus welchem Grund so eingetreten, wie es eingetreten ist?
Januar 2022
Das Jahr fing prima an. Ein Kopf an Kopf Rennen beim Wintercross Goldbach um den AK40-Sieg. Ich wusste, ich darf beim letzten Wertungsrennen nichts anbrennen lassen und muss auf jeden Fall vor meinem direkten Konkurrenten ins Ziel kommen. Es geht um ein paar Sekunden und der sichere Gesamtsieg kommt nur mit einem Sieg.
Mit 00:40:00h habe ich nach der Winterpause meine Zweitbeste Zeit beim Wintercross gelaufen, wurde erster meiner AK und 6. Gesamt. Und somit habe ich es auch in der Gesamtwertung tatsächlich geschafft. Platz 1 bei der Wintercrossserie! Mein erster großer, richtiger und nachhaltiger Sieg. Nicht nur Podium, sondern an der Spitze. Hätte ich mir – glaubt mir – nicht erträumen lassen!
Mitte Januar kam jedoch die Konsequenz der harten Wintertrails. Mein rechter Fuß entzündete sich und zwang mich zu einer Laufpause. Gut – das Jahr ist jung und jetzt ist es noch ok. Nervig, aber ok.
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Februar 2022
Ich stieg auf die Rolle um und fuhr eben Indoorfahrrad. Hauptsache die Ausdauer bleibt.
Am 19.02.2022 (nach ca. 4 Wochen) dann das Comeback in Laufschuhen. Und es ging wieder langsam bergauf.
Ich lief den STREETwald Cross Dirt Run – dies war leider auch in diesem Jahr nur eine virtuelle Challenge. Jeder lief, innerhalb eines Monats auf der Originalstrecke seinen eigenen Lauf und schickte das Ergebnis ein. Und am Ende des Monats stand fest: ich wurde Gesamtsieger! Diese Motivation habe ich gebraucht. Schmerzfrei und ein Erfolgserlebnis!
Ich stieg wieder in den Trainingsplan von meinem Coach Lars von TwoPeaksEndurance ein und war guter Dinge, dieses Jahr – ENDLICH – den ZUT (Anm. Zugspitz Ultra) zu laufen. 68km um die Zugspitze herum, mit über 2.500 Höhenmetern.
März 2022
News News News – kurzfristig hat sich eine Jobangelegenheit für meine Frau Julia ergeben. Bedeutet, Ende Mai ziehen wir in die Alpen! Ein Traum wird wahr. Berge – täglich. Ein Traum jedes Trailrunners. Das steigerte die Motivation und an Ostern werden wir das erste Mal vor Ort sein und die Gegend erkunden.
Bis Mitte März lief das Training perfekt. Ich kam wieder gut rein und am 15.03.2022 dann die Nachricht – nachdem ich echt urplötzlich mega platt war – meine Tochter und ich sind Corona positiv.
LAUFPAUSE again! :/
OK – Covid19 musste uns ja irgendwann auch mal erwischen. Nun ist Ruhe und Geduld gefragt. Gesundheit geht vor und jeden Tag, den man zu früh ins Training startet, kann Einfluss auf die ganze Saison haben. Und im schlimmstenfalls nicht nur auf das.
Was nach zumindest zwei Wochen ging: leichtes Radeln an der frischen Luft, Radeln auf der Rolle und Mobility Kurse im FF Club Aschaffenburg. Daher ganz untätig war ich nicht und Stillstand war keine Option.
April 2022
Am 05. April dann der leichte Comebackversuch. Es fühlte sich an, als ob man direkt bei 0 wieder anfängt. Puh, Spaß macht das erstmal nicht. So sehr man auch auf diesen Moment hingefiebert hat. Im April blieb es bei vereinzelten sporadischen Läufen.
Kiefersfelden – unsere neue Heimat
Mai 2022
Im Mai war der große Spagat zwischen Familie, Arbeit, Training und den Umzugsvorbereitungen. Zum Glück hatten wir eine Wohnung in unserer neuen Heimat gefunden. Nun hieß es Ausmisten, Vorbereiten und bald geht’s los.
Das Lauftraining habe ich wieder gut aufgenommen. Kam gut in einen Rhythmus und beim letzten (!) Lauf in Aschaffenburg stand auf dem Trainingsplan – 8x 1min Bergintervalle. Bei der sechsten Wiederholung wollte ich einen anderen Anstieg nehmen, und übersah eine große Wurzel und bin mit voller Wucht draufgetreten. Ich hörte einen lauten Knall (trotz Kopfhörer) und konnte nicht mehr auftreten. Das war nicht gut ich befürchtete Schlimmstes. Ich machte ein paar Kontrollen. Knochen sind in Ordnung. Ich humpelte aus dem Wald, aber nach 1km gab ich auf und rief meine Frau an, dass sie mich bitte abholt.
Am nächsten Morgen ging ich direkt zur Unfallchirurgie und hatte dort Gewissheit! Außenbandruptur im linken Sprunggelenk. Daher ein Außenbandriss.
Das war es erneut mit der Zugspitze! ☹ Ich war fix und fertig. Und das Schlimmste: direkt einige Tage vor dem Umzug darf ich den Fuß nicht belasten. Jackpot.
Juni 2022
Wir wohnen in den Bergen. Mehr als kleine Spaziergänge und leichtes Wandern war bisher nicht drin.
Am 28.06.2022 dann der Comebackversuch im Laufen. Die ersten 5km. Yeah, fühlte sich das gleichzeitig gut aber auch seltsam an. Bin vermutlich wie auf rohen Eiern gelaufen 😀
Am Samstag, den 10.09. bin ich den Mayrhofen Ultraks gelaufen. Bis 5min vorm Start war mir noch nicht klar, ob ich beim MUZ30 starten soll, oder nicht!
Vor einiger Zeit habe ich berichtet, dass Gesundheit und Vernunft vorgehen! ABER dass ich auch mich so gerne auf den Trails rumtreibe!
Nun 2022 war lauftechnisch bescheiden. Entzündung im Fuss, Corona, Aussenbandriss im linken Sprunggelenk und nun doch wieder seit sechs Wochen im Training. Vor zwei Wochen machte ich noch zu nem Kumpel den Spruch: jetzt passiert definitiv nix mehr, soviel Pech kann selbst ich nicht haben!
Paar Tage später zuckte es im Rücken. Im Urlaub wurde es schlimmer: rechtes Bein konnte ich nicht anheben, hatte 24h täglich Schmerzen! Manchmal zuckte es beim falschen Auftreten durch den ganzen Körper! Meine Tochter konnte ich auch nicht mehr hochheben. Massage, Sauna, schwimmen, viele Rückenübungen, Trauma Gel, Schmerztabletten, Bier – ich versuchte alles, doch wirklich besser wurde es nicht. Ist es was muskuläres? Bandscheibe? Eingeklemmter Nerv? Was ausgerenkt? Ich wusste nur, es tut höllisch weh und wieder mal hatte ich Pech! Saison 2022 – Haken dran! Und einen Blick auf 2023 werfen!
Meine Frau Julia meinte schließlich: probiere es doch einfach! Aufgeben kann man noch immer! Schliesslich sind Lauf und Hotel ja bezahlt 😉 Sie hat recht, doch ist es das wirklich wert?
Ein Traillauf tut irgendwann immer weh, doch bereits beim Start? 😉 Hinzu kommt, dadurch das ich immer wieder aus dem Tritt 2022 kam, bin ich dieses Jahr noch keine 30km gelaufen. Eigentlich verrückt.
Die Nacht zuvor war bescheiden. Ich bin ein Kopfmensch und soviele Gedanken gingen mir durch den Kopf. Was passiert wohl? Starte ich? Laufe ich und es wird schlimmer? Wird es besser? Kann ich doch meinen Lauf wie geplant machen? Wo stehe ich fitnesstechnisch?
Nach der durchwachsenen Nacht und den Schmerzen im Rücken, spazierte ich gemütlich zum Start! Kein Warmlaufen, kein Warmmachen. Will nichts riskieren 😉
Dann gehts mal los! 8:15 Uhr war der Startschuss und zu erst 1,5km durch das schöne Mayrhofen! Bisher lief es gut, das Wetter meinte es ebenfalls gut mit uns und nun warteten die knapp 2000 Höhenmeter – und los gehts! Mein Kopf war am rattern, ist das wirklich eine gute Idee! Doch von Meter zu Meter und der tollen Aussicht: versuchte ich es zu genießen! Mein Puls war höher als gedacht, aber das Adrenalin und die Aufregung erklärten dies! Ich beschloss mitzunehmen was geht und aufgeben kann ich jederzeit! Das Leben in den Bergen macht sich bemerkbar, Uphill läuft! Das Wetter war nahezu perfekt und nach 1,5h war ich oben! Kleine Stärkung und weiter gehts! Meine Muskeln und mein Körper fühlen sich besser als gedacht! Also weiter gehts! Mir war natürlich bewusst, dass es heute keine Top Performance werden würde, aber das geilste ist doch: ich kann laufen! Und das war in diesem Moment, nach fast zwei Wochen Schmerzen, einfach das wichtigste für mich! Nebel, Regentropfen, Sonnenschein und ein Regenbogen – uns wurde so einiges da oben geboten! Dann ging es irgendwann in den Downhill und ich dachte er wäre laufbarer, doch technischer als erwartet! Direkt über eine Kuhheide aus Matsch und Sch… und auf dieser haute es mich dreimal hin! Mitten rein. Falsches Profil gewählt – das war die Quittung! Zum Glück passierte nix schlimmes und nur die Haut meines rechten Daumens musste leiden! Shit Happens – wortwörtlich! Die Vernunft siegte und ich lief langsamer! Da aber weder der Rücken schmerzte, noch der Daumen abfiel gab ich mehr Gas! Ich genoss jeden Meter, habe mich 2-3x verlaufen, ca. 10x die Schuhe gebunden und grinste! Ja es war anstrengend, ja jeder Fehltritt hätte in den Rücken ziehen können und vor dem Downhill hatte ich den größten Respekt, aber ich zog es durch! Die Oberschenkel brannten, ich überholte auf den letzten 4km noch einige der tapferen Läufer:Innen und genoss die Stimmung im Herzen Mayrhofens! Vorm Ziel falsch abgebogen, korrigiert und den obligatorischen Zielsprung – und während ich durch die Luft segelte, bekam ich einen Krampf und … landete im Ziel wie ein sterbender Schwan – sicherlich lustig für alle Zuschauer 😉
Ob ich zufrieden bin? Jein … zum Einen logisch, ich konnte durchlaufen und habe gefinished! Das war mehr, als ich die letzten Tage erwarten konnte! Aber doch minimal leicht gedämpfte Stimmung, dass ich dann nicht die Performance abgeliefert habe, die ich mir vorgenommen habe! Aber das Glück oberwog! Ein Traillauf – yes!
Danke an meine Frau Julia und meine Tochter!
Danke an meinen Coach Lars von Two Peaks Endurance der dieses Jahr viel Geduld mit mir haben musste und mich immer wieder auf die Herausforderungen vorbereitete!
Danke an das ganze Team vom Mayrhofen Ultraks Zillertal – tolle Organisation, super Helfer:Innen (danke fürs Verarzten und das Pflaster an der VP) – einfach geile Veranstaltung!
Danke an alle Mitstreiter:Innen – die genauso viel Spaß hatten und danke an den Läufer der mir bei Sturz 3 zur Seite stand – er hatte das bessere Schuhprofil.
Danke an Sporthunger für die tollen Verpflegungsprodukte – sehr empfehlenswert! Schaut mal bei den Jungs vorbei!
Vor einem Jahr habe ich überlegt, wie die Herausforderungen für 2021 zu meistern sind und ob das funktioniert.
Kleinkind, Homeoffice in Vollzeit, die zusätzlichen Herausforderungen durch Corona und am Ende für einen Ultratrail trainieren? Für einen Ultra trainieren bedeutet ja nicht nur – 3-4x die Woche laufen und ab und an ein wenig länger laufen. Sondern in meinem Fall standen allein beim Laufen fünf Einheiten pro Woche auf dem Plan. Sonntags ein richtig langer Lauf und zwischendrin 2-3x alternatives Training für die Core-Stabilität und Stärkung der Muskulatur. Die besondere Herausforderung ist nicht nur, dies mit der Familie in Einklang zu bringen, sondern wenn die eigene Frau genauso sportverrückt ist und man sich die Zeiten irgendwie aufsplittet, ohne dass die Erziehung zu einseitig wird, oder man als Familie gar nichts mehr zusammen unternimmt! 😉 Und irgendwie sollte man seine sozialen Kontakte auch noch pflegen, oder? 😉 Familie & Freunde sollen auch nicht zu kurz kommen.
Wie er seht, ist es nicht nur eine große Herausforderung für einen selber, sondern fordert auch Opfer und Verständnis von allen!
DANKE noch mal an meine Frau, Tochter, Familie und Freunde!
Doch wie sah es rückblickend aus?
Hier zu verlinke ich gerne auf ältere Artikel, um die jeweilige Stimmungslage mit einzufangen:
Natürlich ist es hart, alles unter einem Hut zu bekommen und allem und jedem Gerecht zu werden. Aber muss man dies? Meiner Frau und Tochter – selbstverständlich. Doch sonst, kommt es in erster Linie auf mich an. Ich wollte dies. Ich steckte mir diese Ziele. Ich tue alles dafür und muss mir dafür den Hintern aufreißen. Was bedeutet: trainieren trainieren und erneut trainieren und auch mal den Biergarten ausfallen lassen. Natürlich spielte mir Corona durch zwei Faktoren in die Karten: erstens die Homeoffice-Möglichkeiten und die damit verbundene Flexibilität. Dadurch, dass ich dauerhaft daheim bin, kann ich dank flexiblerer Arbeitszeiten auch die Mittagspause nutzen oder andere günstig gelegene Situationen. Und muss mich am Ende nicht drauf verlassen, gegen 17-18 Uhr erst loszukommen und hier meine Familie zu vernachlässigen. Zum anderen waren dank der ganzen Corona Regelungen auch nicht so viele Feste und Möglichkeiten etwas zu unternehmen – daher weniger Verlockungen, denen man eh nicht hätte widerstehen können! 😊 Bedeutet, ich konnte mir die 24 Stunden eines Tages fast perfekt aufs Training zuschneiden. „Oh! Schönes Wetter – nach Feierabend lieber einen Spaziergang mit Besuch einer Eisdiele mit meiner Familie? Alles klar, dann gehe ich heute früh schnell laufen“.
Ich bin vereinzelt auch ins Büro gelaufen (inkl. Notebook auf dem Rücken) – wenn es notwendig war. Und dehnte so ein paar Trainingseinheiten aus. Da eh niemand im Büro war, fiel das Duschen auch flach und ich konnte direkt wieder nach getaner Arbeit heimlaufen 😉
Ansonsten bot das Jahr wieder nicht die Möglichkeiten an Wettkämpfen, wie wir es uns nach 2020 erhofften und herbeisehnten. Zumindest war mehr wieder möglich, jedoch nicht in dem Umfang wie gewünscht!
Für mich bedeutete das: erst fiel der Wintercross 2020/21 direkt aus, dann der STREETwald Cross (zumindest eine virtuelle Edition war drin), der Frankfurter Halbmarathon, der Aschaffenburger City Lauf uvm.
Mein großes Ziel war der ZUT im Juni und als Vorbereitung der Bergmarathon beim IATF. Und so kam wie es kommen musste, nach langem Hoffen und Bangen wurde der ZUT erneut abgesagt und der IATF von Mai auf September verschoben. Einen ganzen Sommer lang – Leerlauf. Mein Fazit: ändern lässt es sich nicht, daher volle Konzentration auf Innsbruck. Was blieb mir auch anderes übrig?
Und am 11.09.2021 war es dann so weit. 42km um Innsbruck herum, inkl. einiger An- und Abstiege mit über 1.600 positiven Höhenmetern. Details zu diesem Lauf und meiner Gefühlslage, siehe hierzu auch den eigenständigen Artikel und Rennbericht unter …
Und wenn man grad fit ist, nimmt man spontan eine Woche später den Churfranken Trailrun mit. Direkt vor der Haustüre noch mal 30km. Dort lief es richtig gut für mich. Doch wie gut, werfe einen Blick in den Bericht:
Ab Oktober habe ich mich aus dem Trainingsplan zurückgezogen, um etwas durchzuschnaufen und wieder mehr Zeit für meine Frau und Tochter zu haben. Aber auch, um dem Körper ein wenig Erholung zu geben. Wieder mehr Grundlagen, weniger Laufen.
So richtig lang durchgezogen habe ich es jedoch nicht. In vielen Mittagspausen ging es raus und da die Zeit knapp war, waren die Einheiten schneller. Mehr Tempo, weniger Umfänge, aber auch weniger Erholung. Hmmm, ob das so gut ist?
Zumindest ab November stand die Wintercross Serie in Goldbach wieder an. Endlich. Der Lauf hat für mich einen besonderen Stellenwert. Da diese mich erst zu einem Läufer gemacht hat. Daher war ich froh, endlich wieder teilnehmen zu können. Meine Frau Julia und ich teilten uns die Serie auf. Neun Läufe und immer abwechselnd gehen wir das an. Fällt jemand krankheitsbedingt aus, kann die andere Person einspringen. Teilnahme an der Serie (fünf Wertungsläufe) wird dann nicht zwingend möglich sein, aber es geht ja ums Laufen und den Spaß. Und endlich wieder unter Gleichgesinnten sein, sich austauschen, sich gegenseitig pushen.
Es kam am Ende anders. Wegen Corona und den Verordnungen wurde die Serie unterbrochen, ein Lauf drangehängt, ein weiterer wieder gestrichen und viele Erkältungen machten mir zu schaffen. Julia konnte dann auch nicht immer laufen und so schaffte sie es leider nur auf einen Lauf (weil sie mir am Ende auch den Vortritt gab) und ich auf vier Läufe, die aufgrund der Sonderregelung für diese Saison ausreichten für die Teilnahme an der Wertung. Und zu meiner absoluten Überraschung wurde ich Gesamt 8. und gewann meine AK (M40)! Wow – bin immer noch überrascht. Aber das Ergebnis fast meine Trainingsleistungen in 2021 gut zusammen – sie scheinen erfolgreich zu sein! 😉
Für 2022 bedeutet dies: nicht auf Erfolgen ausruhen, und gerade bei den langen Kanten habe ich noch eine Menge Aufholbedarf und muss Erfahrungen sammeln! Bleibt alle gesund, trainiert fleißig und wir sehen uns auf den Trails 😉
Anmerkung meiner Seite: Was ich ebenfalls noch lernen muss, mich trainingstechnisch nicht mit denen zu vergleichen, die noch keine Kinder haben, oder Kinder im Teenie- oder Erwachsenenalter! 🙂
Das Leben ist immer wieder interessant. Nicht wahr? Wie sehen wir uns jetzt selber und wie sehen wir uns heute – aus unserer jetzigen Perspektive – vor 10, 20 oder gar 30 Jahren! Und was hätten wir (mit dem heutigen Wissen) damals bloß anders gemacht! Interessante Vorstellung, oder? Diese Gedanken hatten wir sicherlich alle schon einmal. Vielleicht erkennt sich einer in diesen Beispielen (einige Klassiker dabei) wieder:
Hätte ich doch bloß (in der Schule, im Studium) mehr gelernt!
Hätte ich doch in diversen Momenten meinen Mund aufgemacht!
Hätte ich doch nur auf meine Eltern gehört 😉
Wäre ich doch nur mehr um die Welt gereist!
Hätte ich mich doch einfach mehr getraut!
Oft ist die Antwort simpel. Denn damals waren wir noch nicht so weit! In den Jahren zuvor, hatten wir andere Prioritäten im Kopf und natürlich eine vollständig andere Sichtweise! Daher hatte es seine Gründe, weshalb wir es damals nicht bzw. anders gemacht haben. Und ja, wir haben uns weiterentwickelt und Erfahrungen (negative, als auch positive) gesammelt. Vermutlich auch genau aus diesem Grund, weil wir in der Vergangenheit so entschieden haben.
Wichtig! Nicht rumhadern und in der Vergangenheit „hängen“ bleiben!
Ein Mensch kann sich täglich, sogar ein Leben lang weiterentwickeln. Wenn man nur möchte. Es ist nie zu spät für irgendetwas. NIE! Und es gibt so viele großartige Beispiele da draußen, dass z.B. einfach Menschen mit 70 noch das Laufen beginnen oder noch mal eine neue Berufung gefunden haben. Wenn nicht sogar das langersehnte Studium starten und nachholen oder doch einfach sich die Welt anschauen!
Was hält uns eigentlich davon ab, Dinge in unserem Leben zu verändern? Außer unsere kreativen Ausreden? Gerade unsere Generation hatte es noch nie so einfach, wie heute. Wir können günstig von A nach B kommen, leben in Freiheit, können gut z.B. in Englisch kommunizieren, sind weltoffener, haben vermutlich ein gutes Einkommen und und und. Es war doch noch nie so einfach!
Und kommt jetzt nicht mit:
Jetzt sind wir inzwischen zu alt (Echt, ist das wirklich so?)
Jetzt habe ich eine Familie (Mal mit der Familie offen über Eure Wünsche / Ideen geredet?)
Jetzt passt es grad nicht, weil … (Ja, weshalb eigentlich?)
Jetzt mache ich grad dies … (Und was ist dann?)
Jetzt mache ich aber das … (Ausrede)
Jetzt bin ich einfach zu bequem! (Das stimmt wohl!)
Haben grad einen finanziellen Engpass … (Mag sein, aber nicht alle Ideen die man auf seiner Liste hat, kosten Geld)
Und das ist das Verrückte an unserem Leben. Das wir uns unterbewusst selbst im Weg stehen oder unbewusst Fehler wiederholen oder immer wieder die gleichen Ausreden parat haben. Wir bekommen tagtäglich so viel mit. Was in der Welt passiert, was mit den Menschen passiert, all den vielen Schicksalsschläge. Erlebt aber auch im eigenen Umfeld Schicksalsschläge und denkt immer wieder über sein Leben nach! Und das man sein Leben sinnvoll nutzen möchte!
JA, es gibt Dinge – die uns Ausbremsen könnten. Sei es die Pflege der eigenen Eltern oder schwere Krankheiten! Aber sonst? Hängt natürlich auch immer davon ab, was man vorhat! Es kann ja auch sein, dass man sich persönliche Ziele definiert (fitter werden, für einen Halbmarathon, Marathon usw. trainieren usw.) – das geht z.B. auch alles ohne Geld oder auch neben Job, Familie und Pflege!
Was berechtigt ist, sich selbst einige Fragen zu stellen:
Habe ich mein Leben bisher so gelebt, wie ich es Leben möchte?
Bin ich glücklich?
Will ich mein Leben in vollen Zügen leben & genießen?
Will ich gesünder leben?
Ist meine Familie glücklich?
Wenn man für sich seine Antworten gefunden hat und Pläne schmiedet … passiert oft genau das: kurze Zeit später verfällt man in alte Muster … erneut! Viele Dinge werden schnell auf den nächsten Tag geschoben, weil wir diesen nächsten Tag erwarten! Diese Erwartungshaltung ist einfach in unserem Kopf drin. Und es gibt ja so viele Tage, weshalb nicht auf morgen schieben? Es war immer so und wird doch auch immer so sein? Und eigentlich wird jeder neue Tag uns natürlich auch eine neue Chance bieten. Im Regelfall passiert auch genau dies. Doch was, wenn nicht? Doch was, wenn genau heute Nacht / morgen früh noch was passiert? Oder auf einmal ein komischer Schmerz irgendwo hochkommt und am nächsten Tag geht man nicht auf Arbeit, nicht zum Sport, sondern zum Arzt und er entdeckt etwas sehr Unangenehmes? Oder durch einen unglücklichen Unfall?
Warum leben wir nicht einfach im hier und jetzt und schieben immer wieder Dinge vor uns her? Warum tun wir nicht nur die Sachen, die uns nachhaltig glücklich machen und uns guttun? Wieso geben wir uns nicht nur mit dem Umfeld ab, in welchem wir uns wohl fühlen?
Oft ist es die Angst, die uns im Weg steht! Oft haben wir 1.000 Argumente dafür / dagegen und finden immer die eine Ausrede. Aber wenn wir uns (bewusst) für etwas entscheiden, was kann schon groß passieren? Außer vielleicht etwas Großartiges? Wieso probieren wir es nicht einfach? Wieso ist uns so wichtig, was andere von uns und unserem Handeln halten?
Ich habe mich immer wieder dabei ertappt, die Dinge zu bewundern die andere gemacht haben:
Das Grün in Nachbars Garten ist tatsächlich grüner (ist natürlich nicht so).
Wow, du bist um die Welt gereist …und warst schon dort und hier?
Wow, du hast schon ein Haus und Familie …
Wow, du bist einen Ultra gelaufen … das wollte ich auch schon immer mal!
Echt? Du bist zu Fuß durch die Länder gereist? Hast eine Alpenüberquerung gemacht?
Die Liste aus meinem Leben könnte ich hier sicherlich auf mehreren Seiten runterschreiben. Und was habe ich gemacht? Nix! Naja nicht ganz, ein paar Dinge habe ich bereits erledigt 😉
Früher war ich zu schüchtern, zu ängstlich. Ich traute mich nicht allein in den Urlaub (falls ich mal nicht einen Reisepartner hatte). Geschweige ein Auslandssemester oder einfach mal ein Sabbatical. Gefolgt von der Ausrede, puh … kann ich mir nicht leisten. Dann starb mein Vater, ich blickte auf mein Leben mit meinen 30 Jahren und was tat ich? Nichts … ich lebte weiterhin nicht gesünder, ich machte keine mehrwöchigen Reisen an besondere Orte … ich verfiel schnell wieder in den alten Trott. Dann wurde die Krankheit meiner Mutter immer schlimmer und wenn ich eins daraus gelernt habe: so möchte ich nicht die letzten Jahre meines Lebens verbringen. Klar, gegen eine Krankheit kann ich erstmal nichts ausrichten. Sie kommt oder eben nicht. Ich kann jedoch die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Krankheit durch meinen (aktiven) Lebensstil etwas lenken. Und wenn sie kommt, kann ich beeinflussen, wie ich mit ihr umgehe! Wie ich mein Leben nun gestalte. Entweder akzeptiert man die Krankheit oder nicht. Und wenn sie akzeptiert wird, kämpft man gegen sie (falls möglich) und falls nicht, lernt man damit umzugehen!
Bevor meine Mama starb, hatte ich die Ausrede: „ich kann hier nicht weg, wegen meiner Mutter“. Als sie starb, hatte ich sie nicht mehr. Und was machte ich? Ich hatte die Chance woanders neu anzufangen. Mit Mitte 30 – einfach neue Stadt, neue Menschen, neuer Job … Doch was passierte? Ich blieb hier und meine Freundin (jetzt Frau) zog her.
Alles bewusste Entscheidungen, aber warum trifft man diese – wenn man andere Sachen so faszinierend findet? Wieso ist der Reiz für etwas Neues nicht so groß, dass man es wagt?
Und wenn andere etwas machen, findet man ebenfalls die besagten Ausreden. Oft habe ich Sprüche gehört wie „Die haben ja auch keine Kinder“, oder „sie sind ja Single und haben viel Zeit und keine weiteren Verpflichtungen“… bla bla bla.
Aber was machen wir mit unserer Zeit? Zieht man Arbeit, Schlaf und familiäre Verpflichtungen ab, bleibt noch ein ordentlicher Batzen übrig. Diesen verbringt man entweder auf der Couch, oder in den sozialen Medien .. aber könnte doch auch definitiv sinnvoller genutzt werden, nicht wahr? 😉
Versteht mich nicht falsch, ich will nicht das jemand alles unüberlegt hinschmeißt. Oder zu einem Sportjunkie wird. Jede Sache, jede Situation muss auch auf die jeweilige Person auch passen. Jede*r soll seinen Weg für sich definieren und finden.
Mir ist jetzt auch wichtig, dass gerade – wo meine kleine Tochter in der Kinderkrippe sich gut integriert hat – wir sie nicht da herausreißen und in die nächste Krippe in einer neuen Umgebung stecken. Sie soll ein geordnetes, stabiles und glückliches Leben haben. Das ist nicht zwingend damit verbunden, ein großes Haus mit Garten zu haben oder in den Bergen zu wohnen. Sondern dort, wo es für die gesamte Familie sich am besten anfühlt. Alle sollen sich wohl fühlen und sich entfalten können!
Doch wenn am Ende die Eltern glücklich sind genau dort zu wohnen, dann macht es die Sache auch einfacher für die Kinder. Glückliche Eltern = glücklicher Kinder 😊
Aktuell prüfen meine Frau und ich, welche mittelfristige Optionen es gibt. Das Thema bleibt spannend 😉
30km, knapp 750 Höhenmeter – der Mountain King. So nennt sich der längste Lauf des alljährlich stattfindenden Trailruns von tripaul.de in Sulzbach am Main (Ldk. Aschaffenburg).
2019 war ich das erste und bisher letzte Mal am Start. Und dieses Mal war es eine ganz spontane Sache. Ich bin die Woche zuvor den Marathon in Innsbruck gelaufen und einen Tag später bei der Heimfahrt dachte ich mir: melde dich doch noch für den Churfranken Trail an – ist schließlich dein Heimrennen. Abends war jedoch die Anmeldung geschlossen. Zum Glück konnte ich kurzfristig mit dem Veranstalter André „Paul“ telefonieren und er fügte mich noch ins Starterfeld. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle nochmal.
Montags fühlten sich die Beine schon gut an, also bin ich Mittwochs wieder ins Training eingestiegen. Vor dem Churfranken sah mein Training dann wie folgt aus:
Mittwoch: 60min LDL Zone 2
Donnerstag: 60min LDL Zone 2
Freitag: 60min Mobility
Samstags: 2x30min Radfahren inkl. Biergarten & Spielplatz mit unserer Tochter
Und Sonntags war dann der Churfranken Trail. Start war 10:00 Uhr, und ich fuhr gemütlich gegen 9:15 Uhr gen Sulzbach. Viele Läufer*innen tümmelten sich bereits dort und ich lernte einige von Strava & Instagram kennen. So auch den On-Running Athlet Matthias Krah, der vor Kurzem noch beim TDS des UTMB in Chamonix im Einsatz war.
Kurz vor 10:00 Uhr ging ich – mit Maske – in den Startblock. Viele bekannte Gesichter, einige Unbekannte und ich mittendrin. Wie fit sind meine Beine wirklich? Nach einer Woche zwischen 42km und 1.700 Höhenmeter und jetzt erneut 30km mit einigen Höhenmetern. Wir werden es herausfinden 😉 Als Strategie gab mir mein Coach Lars mit, dass ich bis zur letzten Schleife (sprich die letzten 10km) in einem Pulsbereich unter 147 bleiben sollte. In Innsbruck hatte ich zu früh losgelegt und wurde mit Krämpfen belohnt. Zudem sollte ich max. eine Verpflegungsstation von Vieren ansteuern und immer ausreichend Wasser bei mir führen! Gesagt – getan!
Es ging direkt vom Sportplatz mit dem ersten Anstieg los. Hier konnte ich in ein gutes Tempo mich einpendeln und mich nach vorne arbeiten. Oben ging mein Puls leicht nach oben und ich musste nun bei diesem Tempo bleiben. Es ging über Singletrails durch den Wald und dann wieder Downhill auf die andere Seite des Waldes zur großen Schleife. Bei jedem steileren Anstieg war ich einer der wenigen, der dann wirklich nur ging. Viele trippelten in kleinen Schritten und hechelnd an mir vorbei. Aber ich blieb ruhig und dachte an meine Taktik. Denn viel schneller kamen einige den Berg auch nicht hoch, verbrauchten aber eindeutig mehr Energie. Da kam bereits die erste Verpflegungsstation die ich direkt außen vor lies. Und weiter. Auf geraden Strecken konnte ich wieder das Tempo steigern, bis zum nächste Anstieg. Ich glaube einige dachten sich nur: „Der hat wohl nicht trainiert!“, oder „Wieso rennt er immer wie ein Bekloppter, aber dann geht er sobald es aufwärts geht“ – sicherlich dachten sich einige einiges in ihrem Kopf 🙂
Was ich zu diesem Zeitpunkt merkte, meine Beine sind fit und fühlen sich gut an. Doch was passierte dann? Ein kleines spitzes Steinchen kam in meinen Schuh. Das ist mir ja noch nie passiert. Was tue ich? Bin grad im Flow. Ich lief 7km weiter. Erst bei der Verpflegungsstation Nr. 2 blieb ich stehen, zog den Schuh aus und direkt wieder an, füllte das Wasser auf, eine Banane in den Mund und weiter. Hmmm .. eigentlich war das nicht geplant. Wollte bei VP3 auftanken, aber gut. Besondere Umstände. Wieder liefen 5-6 Läufer an mir vorbei, die ich nun erneut überholen musste. Ich war vermutlich aktuell irgendwas zwischen Platz 40-50. Keine Ahnung. Ich finde es im Ziel heraus. Und los ging es. Ein etwas älterer Mitstreiter war ein zäher Hund. Ich glaube von km 10 – 23 wechselten wir uns immer wieder ab. Steigung Punkt an ihn, flach Punkt an mich. Bei einer engen Kehrtwende bremste er mich sogar aus. Oh man 🙂 Warum? Welch Ehrgeiz hat den ihn gepackt, um zu solchen Mitteln zu greifen? Ich lies mich nicht beirren und machte mein Rennen so wie ich mir vornahm. Ich zog an ihm vorbei und schwups der Schuh ging auf. Toll. Beim Steinchen auswerfen wohl nicht richtig gebunden. Also schnell bücken und weiter gehts. Paar km weiter verlor ich eine Flask – wieder schnell bücken und hoch. Dinge die mir nie bei einem Rennen passieren, nervig sind, Kraft und Zeit kosten – aber hilft ja nichts.
Irgendwann war der Herr nicht mehr in meinem Blickwinkel und auch alle anderen die mich durch mein Stein-Fauxpas überholten, sammelte ich wieder ein. Hmmm km 18 – jetzt kann ich doch langsam mal Tempo machen. Ich lief los, fühlte mich gut, trank brav Wasser, nahm noch ein paar ClifBloks zu mir und machte mein Ding. An VP4 konnte ich wieder ein paar Plätze gut machen und fand nun meinen Wettkampf Rhythmus (auch wenn anstrengend). Und es lief. Von weitem visierte ich immer die nächste Person vor mir an und schlich mich förmlich aus dem Windschatten an und zog vorbei. Zwei Läufer motivierten mich, riefen mir hinter her: „Sehr stark. Weiter so. Hol sie dir…“ – das beeindruckte mich sehr und gab mir einen Extraschub. Das ist auch ein Grund weshalb ich diesen Sport liebe. Auch wenn wir Konkurrenten sind, machen wir das aus Leidenschaft und Spaß und unterstützen uns am Ende gegenseitig. Noch 5km – wieder erblickte ich einen Läufer. Bis ich in bei nach wenigen Minuten einholte. Er wirkte überrascht. Aber dann war es zu spät. Noch 3km und vor mir etwas gelbes 🙂 Das wird wohl noch meine letztmögliche Gelegenheit sein, einen Platz gut zu machen. Denke bin nun zwischen Platz 20-30! Aber er war ein flotter guter Läufer und irgendwann bemerkte er mich. Ich gab nun alles – All Out – entweder bekomme ich jetzt einen Krampf oder es geht gut. und ich zog 1km vorm Ziel an ihm vorbei. Und beschleunigte noch. Der letzte Downhill zur Turnhalle, einmal um den Sportplatz und da ist das Ziel – ein kläglicher Sprung fürs Finisher Foto, doch dann ballte ich die Fäuste und die Emotionen brachen aus mir heraus!
Mein Plan war es unter 2:45h zu laufen. Beim letzten CFT hatte ich glaub ich eine 2:59h. Und was steht da? 2:28:39? – ich bin unter 2:30h gelaufen! Lecko mio! Damit rechnete ich überhaupt nicht. Was ist denn hier passiert? Geil geil geil 🙂
Überholt und in die Kamera gelächelt 🙂
Finish! Boom!
Mein Mitstreiter kam auch ins Ziel und beglückwünschte mich und meinte nur, was war denn das am Ende? Eine 3er Pace? Bekloppter Typ 😀 und lachte! Wir gaben uns die Hand und aßen ein Stück Kuchen 🙂 Erwähnte ich bereits, wie sehr ich diesen Sport liebe?
Zur Verdeutlichung: die letzten Kilometer war ich auf dem Weg zurück ins Stadion 6. Schnellster, im Zielkanal 7. Schnellster und hatte tatsächlich eine Pace von 3:22 min/km und bei der letzten Runde auf Platz 9.
Gesamt bedeutet dies: Ich wurde beim diesjährigen Mountain King 12. Gesamt und 4. in meiner AK M40! Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet und ist einfach nur genial, oder? Top 10 knapp verpasst, aber dass ich überhaupt in die Nähe dorthin komme … unfassbar! Mal sehen ob eine 2:25 oder sogar 2:20h hier noch drin ist. Kann die Strecke im Training ja jederzeit laufen! 🙂
Endlich. Endlich konnte ich wieder in den Bergen einen Wettkampf laufen. Übers Jahr dachte ich mir, Wettkämpfe sind mir gar nicht mehr so wichtig. Es ist einfach schön, seine neuen Touren in den Bergen laufen zu können. Allein. In seiner Zeit. Doch irgendwie fehlte mir das andere doch. Die Anspannung, die Menschen, das Außenherum … Mehr dazu weiter unten im Text 😉
Wir (meine Familie und ich) sind bereits am Donnerstag per Bahn angereist. Wir dachten mit Kleinkind ist das entspannter. Können zusammen in Ruhe spielen, genug Zeit zum Umsteigen usw. – doch bereits im Zugabteil war die Entspannung weg, als auch beim Umsteigen. Der erste Sprint des Tages. Dazu fiel 15 min vor Innsbruck der Zug wegen eines Defektes aus. Nochmal alles packen und rüberrennen. Ein Traum. In Innsbruck angekommen, war der Streß erst mal weg. Eine wunderschöne Stadt, die Sonne scheint und das Hotel direkt um die Ecke. Und die kleine Maus hat direkt Hunger 😊 Stresslevel steigt wieder 😀
Freitag – der Tag vor dem Wettkampf. Vormittags haben wir uns entschieden bei bestem Wetter die Stadt ein wenig anzuschauen, gemütlich zu Frühstücken und in den Alpenzoo zu gehen. Dass es am Ende 27 Grad im Schatten sind und der Alpenzoo (trotz Bahn) einige Höhenmeter hatte, machten mich ziemlich fertig. Ich versuchte viel zu trinken, aber puh … schwitzte mehr raus! Am Ende waren wir den ganzen Tag auf den Beinen und ich war doch recht müde. Gerade die Beine und alles zwickte und war verhärtet. Yeah 😊 Ich fuhr dann nachmittags mit dem Bus in die Olympia World, checkte beim Lauf ein, fachsimpelte mit Dynafit wegen des Flasks Problem an meinem Rucksack und holte meine Startunterlagen ab. Und so langsam kribbelte es. Das Event packte mich und die Anspannung stieg ein wenig. Nach einem leckeren vietnamesischen Abendessen (am anderen Ende der Stadt), legten wir uns ins Bett. Ich legte grob alles zu Recht und um 5:45 Uhr klingelte der Wecker.
Samstag – ich war schon früher wach. Problem – die Betten quietschten so laut, dass sobald ich mich bewegte, meine Tochter und/oder Frau wach werden. Ich rollte mich aus dem Bett und im Dunkeln suchte ich meine sieben Sachen zusammen, um mich dann im Flur des Hotels anzuziehen. War etwas komplizierter. Danach zum Hauptbahnhof gelaufen, leichter Nieselregen, jedoch nicht kalt. Auf der Suche nach dem Bus, aß ich meine Banane (denn an meinen Rosinenzopf kam ich im Zimmer nicht, raschelte zu laut). Sah die Busnummer, flitzte hin, verlor dabei die Hälfte meiner Banane und der Busfahrer machte vor meiner Nase die Tür zu. Toll. Hatte doch noch 3 min Zeit? Er hätte auch einfach sagen können, dass er Dienstende hat. Also wieder fünf Buslängen zurückrennen. Puh. Ab geht’s.
An der Olympia World war schon einiges los. Ich gab meine Drop Bag ab und setzte mich in den Shuttle Bus nach Kranebitten. Ich war erstaunlich entspannt, aber beobachtete alle Läufer*innen. Wie sie ausgestattet sind, die Aufregung, die Stimmung. War von allem was dabei.
In Kranebitten lief ich mich ein wenig warm und traf Steffen. Wir beide trainieren bei Lars von Michael Arend Training und kannten uns nur aus der WhatsApp Gruppe. Dann ging es zum Startblock. Auf dem Weg aß ich noch eine ClifBar und quetschte mich nach einem „Equipment-Quick-Check“ in den Block. Tief durchatmen. Sitzt alles richtig. Und los. Die Taktik war, die Hälfte des Rennens bei einem Puls von unter 140 zu bleiben. Gar nicht so einfach, aber bis zur Mutterer Alm ging es bergauf. Die Strecke war laufbar und länger flach, als ich dachte. Bis zur ersten VP ging es nicht wirklich hoch. Wann kommen denn die Höhenmeter? Ich lief genau meinen Stiefel. Verpflegte mich ein wenig und ging weiter. Und dann ging es doch hoch und es war mehr ein Hiken, als Laufen. Aber das ist ok. Uns erwarten 42km und wir sind am Anfang. Ich war gut drauf und die Schwere in den Beinen vom Vortag wie weggeblasen. Ich beobachtete auch den Rest des Teilnehmerfelds und wunderte mich, wieso man in Minischritten bergauf läuft, anstatt einfach zu gehen. Kostet doch viel weniger Energie. Aber jede*r soll ihr / sein Tempo laufen. Ich blieb bei der Vorgabe von Coach Lars, und trotzdem schwankte meine Herzfrequenz und kam auch über die Schwelle. Bei km15 waren wir dann an der Mutterer Alm. Definitiv das Highlight des Laufes. Sowohl von der Aussicht als auch der Stimmung. Auch wenn der Weg über die viele Wurzeln nach oben manchmal mühselig war. Ich bog zur VP ab, nahm ordentlich Salz und Bananen zu mir. Füllte die Flaschen auf und zog den Rucksack ab, um die Laufstöcke hinten wieder zu befestigen. Ab jetzt wird gelaufen! Da müssen die Hände frei sein 😉 Und los gings. Ab jetzt kamen viele laufbare Wege und viele tolle Singletrails. Auch hier waren viele Wurzeln unterwegs, aber es machte einfach Spaß. Ich lies es laufen. Und drückte zu sehr aufs Tempo. Ich überholte einen nach dem anderen. Und mein Selbstbewusstsein stieg. Das Training zahlte sich voll aus. Erst langsam machen und dann richtig Spaß haben. Dies ging auch bis km25 super. Dann rutschte ich weg und mein linker Oberschenkel verkrampfte. Ich machte langsamer und merkte, wenn ich noch mal falsch belaste, bricht der Krampf richtig aus. Cool bleiben, Timo. Ganz cool bleiben. Ich atmete tief durch und versuchte meine Gedanken von den Beinen abzulenken. Gelang mal mehr oder weniger gut. Dann kamen wieder Downhill Passagen und da wurde es verdammt kritisch. An der nächsten VP nahm ich eine Handvoll Salz zu mir und paar Bananen. Noch paar ClifBloks hinterhergeschoben und viel getrunken. Zum Glück laufen wir erstmal über Straße und kurz danach ging es wieder in den Wald und Downhill. Ich versuchte ein Tempo zu finden, mit dem ich gut vorankam, jedoch aber auch keinen Krampf riskieren würde.
Bei km33 war denn so weit, Beide Oberschenkel zogen zu. Ich sah direkt mein DNF. Ich musste stehen bleiben und alle zogen wieder an mir vorbei und sahen mich herumhumpeln. Was lief falsch? Egal. Was kann ich jetzt machen, um zu finishen? Ruhig bleiben. Richtig. Ich bewegte mich, wie auf rohen Eiern und ging und ging um dann wieder ins Laufen überzugehen. Eine VP wartet noch. Die sollte ich zwar links liegen lassen, aber ab jetzt ist die Taktik egal. Und von einer Traum Zielzeit von 4:30h habe ich mich verabschiedet. Ich schaffte es zur nächsten VP und löffelte das Salz. Trank noch mal Isogetränke und lief weiter. Es ging, aber nicht toll. Vor jedem Up- oder Downhill hatte ich echt Respekt. Ich konnte die tolle Umgebung gar nicht wahrnehmen. Es ging durch eine schöne Schlucht, durch die die türkisblaue Inn floss. Richtig toll, aber ich beißte mich durch und vor mir eine Läuferin, deren Tempo ich zumindest beibehalten konnte. Doch irgendwann verlor ich sie fast aus den Augen. Ich muss doch noch laufen können? Kann doch nicht nichts mehr gehen. Und was war das? Es ging noch mal rauf? WIESO? 🙂 Mit einer anderen Mitstreiterin kämpfte ich mich nach oben, an einigen Wanderern vorbei und es ging rauf und rauf. Das bedeutet jedoch, es geht auch bald wieder runter! Davor hatte ich bammel. Wir hatten das gleiche Tempo, sie sah eindeutig fitter aus. Aber für mich zählt nur die Ziellinie, ob jetzt vor oder hinter ihr … ich muss da erstmal hinkommen. Was ich generell beim Lauf beeindruckend fand, dass die Personen, die überholt wurden, einen noch motivierten und anfeuerten. Oder wenn wir merkten, wir kämpften beide, uns über unsere Wehwehchen austauschten und beklagten (das Knie, der Oberschenkel … jeder hatte was anzubieten… was aber bedeutete – es ging allen zum jetzigen Zeitpunkt gleich) und uns Mut machten, ins Ziel zu kommen.
Ich schaute auf die Uhr und eine SUB5 ist möglich. Das war das ursprüngliche Mindestziel und vor dem Lauf hätte ich das auch sofort unterschrieben. Ich konnte meine Zeit bei solch einem Lauf vorab gar nicht einschätzen, aber unter 5h nehme ich. Auf geht’s!
Downhill … in Serpentinenform. Warum? Eng um die Ecken rennen ist jetzt alles was ich NICHT brauche. Ok los geht’s … vorsichtig, aber in einem gewissen Tempo. Das muss doch gehen. Die Dame hinter mir, bekam wohl jetzt auch Krämpfe… kann so gut mitfühlen …
Km40 hatte ich noch eine Pace von 9:45min/km (hier ging es auch noch mal 57m hoch), Km41 4:39min/km und Km42 – der Zieleinlauf – eine 4:21min/km. Da vorne ist das Stadion, die letzten Meter, noch eine Schleife drehen und da ist das Ziel. Ich holte noch 2-3 Personen ein und auch die Dame die 6km vorm Ziel mir davonzog. In der letzten Kurve zog ich vorbei und sprang von meinen Gefühlen überwältigt (keine Ahnung warum, aber die Anspannung fiel ab & ich merkte, ich habe es geschafft) ins Ziel nach oben! Puh … was ein Lauf. Und wen haben wir im Zielbereich: meine Tochter Valeska und meine Frau Julia. Das gab mir noch mal einen extra Push! Ohne die Beiden wäre dieser Lauf nie möglich gewesen. Sie mussten aufgrund des ganzen Trainings öfters auf mich verzichten. Und dafür kann ich nur ein riesengroßes DANKESCHÖN sagen!
Ich unterhielt mich im Ziel noch mit Steffen, trank ein paar alkoholfreie Weizen, nahm Vitamine zu mir und ging direkt mit meiner Familie auf den Spielplatz! 😊 Keine Pause – als Familienpapa, keine Chance 😊
Erinnert ihr euch noch daran, als ich sagte, ich bin keiner der nach Trainingsplänen trainiert? 😊 Tja, auch ich überhole meine eigenen Meinungen. Ich habe in den letzten Jahren gemerkt, mit meinen Methoden werde ich schneller. Ich kann auch einen Halbmarathon oder gar Marathon erfolgreich finishen. Und auch bei den Trailläufen ging es voran. Bis zu einem kleinen Ultra im alpinen Umfeld. Doch – irgendwie stellte ich die letzten Monate fest, dass ich grad Uphill enorm Körner verbrauche und nicht wirklich in dem Tempo vorankomme, wie erhofft. Natürlich einer der Gründe ist die Umstellung meines Lebens-/Schlafrhythmus mit kleinem Kind, aber das sollte aber trotzdem wieder voran gehen. Also suchte ich professionelle Hilfe und wurde bei Michael Arend Training vorstellig. Zuerst wollte ich mit einem sogenannten „Level Up“ starten. Sprich, ich mach einen Leistungstest und meine bisherigen Läufe werden analysiert und bekomme Tipps & Tricks um mein Training anders zu gestalten. Doch recht schnell wurde mir klar, ich brauche einen Coach – der den Weg mit mir gemeinsam geht – und bin doch direkt ins Coaching eingestiegen. Das bedeutet, ich werde mtl. durch einen Trainer begleitet. Er macht mir einen individuellen Trainingsplan für meine Ziele (unter meinen Voraussetzungen) und analysiert am Ende des Monats, wie ich mich geschlagen habe. Daher: was lief gut, was schlecht, woran kann ich besser arbeiten, wo muss ich mehr Disziplin zeigen, wie passen wir den Plan für den Folgemonat an usw.
Anfang März 2021 haben wir dann gestartet. Zuerst galt es einen Fragebogen zu meiner Person, meinen Leistungen, meinen Zielen, Stärken und Schwächen auszufüllen. Hier gab ich auch bereits an, an welchen Tagen ich bevorzugt trainieren will und kann und welche Termine bereits für die nächsten Monate unausweichlich sind (Urlaube, Geschäftstermine usw.).
Der zweite Schritt ist ein Leistungstest. Anhand dieser Methodik schauen die Coaches, in welchen Pulsbereichen wird das Training aufgebaut.
Diese waren wie folgt aufgebaut:
Bestimmung anaerobe Schwelle – 45 min volles Tempo (dienstags)
3min Einlaufen
45 min flach / gerade im höchstmöglichen Tempo KONSTANT laufen
10min Auslaufen
Das lustige ist, bei diesem Test bin ich meine neue Bestzeit über 10km gelaufen und hätte noch paar Prozent drauflegen können. Aber ich musste konstant ein hohes gleichmäßiges Tempo laufen, daher habe ich nicht alles gegeben. Ich war total überrascht, was an dem Tag los war. Das Beste war: der Brustgurt war nicht mit der Uhr verbunden 😀 Erster Fail direkt am Anfang.
25min flach / gerade Laufen mit dem angegebenen Puls (bei mir waren es 142)
Danach 6min All Out
Direkt danach begann das Training nach PLAN! Der Trainingsplan und meine Überwachung findet über das OnlineTool TrainingPeaks statt.
Und dieser Plan hatte es in sich. Bin ich vorher noch gemütlich (ich denke ich befand mich zu sehr in meiner Komfortzone) – 30-40km pro Woche (und zu 90% viel zu schnell) gelaufen – was am Ende 100-150km pro Monat bedeutete, hat dieses Training mit fünf Einheiten pro Woche gleich ein anderes Kaliber und es sollte sich über die Zeit auch noch steigern 😉 Klar, es soll ja nicht zu monoton werden 😊 Doch ich will mich ja steigern und voran kommen, daher los geht’s!
Viele Einheiten befanden sich im niedrigen Pulsbereich, einfach um die Grundausdauer zu pushen.
Aber natürlich auch für den Wunsch, wieder flotter die Steigungen zu erklimmen, waren Bergintervalle und Wechselläufe dabei.
Hier zwei Beispiele, wie das Training in meinem Kalender aussieht:
Eine typische komplette Trainingswoche sah dann wie folgt aus:
Zur Erklärung der Farben:
Grün: die Trainingseinheit in dem vorgegeben Umfang erledigt
Gelb: zu lang / zu kurz trainiert, jedoch Einheit durchgeführt
Rot: Einheit ausfallen lassen
Grau: Einheiten die ich zusätzlich (neben dem TP) gemacht habe
Ich muss sagen, das Training ist fordernd. Aber das ist auch gut so. Der Leitspruch von Michael Arend Training „We don´t do easy“ spricht es direkt aus. Man will was erreichen und muss hierfür investieren. Die Zeit, in das Training und in den Körper!
So die Theorie, doch wie erging es mir in der Zeit? Ganz ehrlich? Ich musste mich erst mal reinfinden. Häufiger Laufen, andere Intensität, das Zeitmanagement … und die erhöhte Belastung für den Körper.
Über die Monate stiegen meine Umfänge auf:
März: 233km / 3.722 Höhenmeter
April: 251km / 4.630 Höhenmeter
Mai: 207km / 3.105 Höhenmeter
Juni: 188km / 5.039 Höhenmeter -> in diesem Monat bin ich bei einem langen Lauf in ein Lock getreten, noch 6km heimgehumpelt und hatte dann einen Verdacht auf einen Bänderriss. Zum Glück war es nur eine starke Dehnung und ich verlor nur eine Woche Training.
Juli: 60km / 837 Höhenmeter -> dafür hat es mir dieser Monat richtig gegeben und war eine Verkettung vieler unglücklicher Umstände. Erst die Impfung, danach vom Fahrrad gefallen (Klickpedale -> Bein vertreten) und zu guter Letzt ein grippaler Effekt mit hohem Fieber – dies hat mich zwei erneute Wochen Training gekostet.
August: 249km / 5.878 Höhenmeter
Und am Ende wären es noch mehr gewesen, jedoch musste ich vereinzelte Trainings canceln oder kürzen. Sei es Familien- oder berufsbedingt. Man ist ja kein Profi und hat so seine Verpflichtungen 😉
Trotz allem merkte ich natürlich nach den regelmäßigen Einheiten, wie sich im Körper etwas tat. Ich fühlte mich nicht mehr so schwerfällig, mir machten viele lange Einheiten hintereinander nichts mehr aus. Die Beine waren nicht mehr so müde. Nur Uphill – habe ich dieses Jahr noch nicht so die Kraft / Luft gefunden. Keine Ahnung. Irgendwo blockiert mein Körper da.
Aber mag auch an dem unregelmäßigen Schlaf (kleine Tochter) liegen. Oder vielen anderen externen Einflüssen (Ernährung, Streß auf Arbeit usw.). Dafür stieg meine Ausdauer und mein Gewicht fiel 😉
Doch, wie wirkte sich das auf den Wettkampf aus? Am 11.09.2021 fand das Innsbruck Alpine Trail Festival statt. Mehr dazu, in Kürze 😉
Auch ich habe es mal in die Zeitung geschafft und zwar mit unserer Tochter. Es ging um das Thema Babyjogger. Erschienen in unserer lokalen Zeitungsbeilage Top-Shop der main-echo.de:
6 Wochen nach Berlin stand der 37. Mainova Frankfurt Marathon an … mein dritter und voraussichtlich (sehr wahrscheinlich) letzter Straßenmarathon! Die ganze Woche waren die Wetterprognosen bei 7-9 Grad und Dauerregen. Traumhaft! 😉
Ich fühlte mich die Woche recht gut, wäre ich Dienstags nicht beim ins Bett gehen an der Couch hängengeblieben und hätte mir meinen Fußnagel halb rausgerissen. Super … also am nächsten Tag Desinfektionsspray besorgt, Jod-Salbe in der Apotheke und das Ding brennt .. man man man. Gibt nix schlimmeres, als schmerzende Fußzehen beim Laufen! Dann lief die Nase wieder … aber das ignorierte ich gekonnt. Und Freitag? Hatte ich Probleme mit Magen-Darm … na toll! Die Aufregung kann es nicht sein, da ich tiefen entspannt war. Oder lag es wieder an meinem Carbo-Unloading / Loading Programm? 🙂 Keine Ahnung …
Meine Vorbereitung für Frankfurt bestand eigentlich „nur“ aus dem Berlin Marathon, den Bodensee-Halbmarathon, den Blaubeuren (20km) Trail, einigen Demolition Workouts & Functional Trainings und paar kurze gemütliche Läufe! Aber nichts mehr spezielles! Im Prinzip mehr gefaulenzt 🙂
Samstag:
Gut, samstags ging es mit Jana dann nach Frankfurt. Dort treffen wir dann meinen Bruder Kai und meinen Kumpel Max. Daher ab auf die Messe, Startunterlagen abholen, bißchen abhängen, Pasta essen und heim. Tja .. was passiert? Werden in den falschen Startblock gesteckt .. also zum Servicedesk, denen noch mal das schildern und mit einem Aufkleber wieder in Startwelle 1 und Startblock 3. Yeah! Danach ging es heim und auf die Workout Party von Jörg Oberle – aber nur als Zuschauer 🙂 Und dann hieß es – Ausrüstung zusammenlegen und Bettruhe!
Sonntag – Raceday:
Zeitumstellung war angenehm – eine Stunde länger schlafen, wenn ich nicht grad 3x wach geworden wäre in der Nacht :p Kurzes Frühstück, abduschen, Zeug anziehen und ab gehts. Wir sind nach Hanau gefahren und von dort mit dem Zug weiter.
Die gute Nachricht war, es regnete nicht. Die schlechte? Es war frisch und sehr windig!
Egal – half alles nix. Wir hielten uns in den Vorräumen der Festhalle warm, hatten Spaß und waren entspannt. Max hatte leider Probleme mit dem Zug, den sahen wir erst im Ziel.
Irgendwann war 7 Minuten vor 10 – f*** – muss in den Startblock. Grad noch rechtzeitig angekommen, über die Absperrung gehüpft. Meinem Schatz Julia den Pullover hin geschmissen, letzte Motivation abgeholt und konzentriert. Es war wirklich frisch! Angeblich war ich im Startblock 3 – doch der war 10 Meter vor uns. Das merkte man daran, als um 10 Uhr dieser Block sich bewegte, meiner nicht! Super! Also mit zwei anderen Jungs durchgemogelt, nach vorne geschoben und direkt los gelaufen. Über die Matte und Vollgas … hatte ich eigentlich eine Taktik? Mein Ziel war es, Sub3:30 zu laufen. Meine Taktik? Chaotisch wie immer … 1:45h für die erste Hälfte, 1:44h für die zweite Hälfte. Macht 3:29h für einen Marathon und gemäß der Mathematik befinde ich mich damit unter 3:30h. So der Plan – zumindest in der Theorie …
Rennbericht:
Hatte ich erwähnt, dass es echt windig ist? Nein … war es aber. Aber Wetter darf (fast nie) eine Ausrede sein. Ich bin heilfroh, dass es nicht regnete!
Die Masse vor mir, musste ich erst einmal wieder einholen. War schon komisch von hinten das Feld aufzuholen. Letztes Jahr war ich mittendrin, einen Block weiter hinten, ebenfalls ganz hinten. Und hatte am Ende eine Zeit von 03:48:22h auf der Uhr. In Berlin vor 6 Wochen stand dann schon eine Zeit von 03:32:02h zu Buche. Verrückt, was in einem Jahr so möglich ist!
Zurück zum Lauf. Wie erwähnt, war es seltsam, bei den „schnelleren, ambitionierteren“ Läufern zu sein. Das ist doch eine andere Hausnummer. Aber ich fühlte mich im Rennen auf einmal wohl. Ich machte nach ein paar Kilometer die Musik an, suchte meine Rhythmus und lief meine Stiefel. Nach wenigen Kilometer kam uns die Spitzengruppe schon entgegen und dort auch der deutsche Spitzenläufer Arne Gabius. Wahnsinn – er ist genauso alt wie ich nur ein wenig schneller 🙂 Die Stimmung an der Strecke war gut und das Tempo hoch. Und wieder (wie letztes Jahr) drehte die Uhr durch die Hochhäuser und / oder den vielen GPS-Sendern durch und ich hatte angeblich ne Pace von 3:40min/km. Meine Uhr machte wieder einen Sprung von einen Kilometer. Somit konnte ich mich erneut nicht auf die Technik verlassen, da ich immer fast exakt einen Kilometer voraus war. Das einzige was noch stimmte, war vermutlich der Puls und natürlich die Zeit. Daher konnte ich nur an den 10, 20, 30km Marken mir meine Zeit umrechnen, um zu sehen wo ich stehe! Was ich jedoch die ganze Zeit merkte, ich bin viel zu schnell für einen 1:45er Halbmarathon! Aber es fühlte sich noch gut an, also warum nicht? Oder wird sich das hinten heraus rächen? Werden wir ja bald wissen … in 2-3 Stunden :p
An jeder Verpflegungsstation habe ich immer brav ein Wasser zu mir genommen. Musste jedoch recht früh eine Pinkelpause einlegen. Ich war grade an den 3:30h Pace Maker dran und musste links ins Gebüsch. Kostet locker mind. 45 Sekunden. Naja was soll man tun. Schmerzen beim Laufen sind auch nicht nett! Also wieder zurück ins Feld und wieder einsortieren. Und unterbewusst hab ich beschleunigt um wieder aufzuschließen. Doch was ist nun? Keine 7-8 km später, drückte es schon wieder. Irgendwas stimmt doch heute nicht … also wieder ein nettes Gebüsch in Frankfurt gesucht und erneut einen kleinen Boxenstopp genommen! Ich werde verrückt. Gut, lässt sich ja nicht ändern.
Also weiter gehts, wieder fast die 3:30h Pace Maker aus den Augen verloren. Ich weiß gar nicht genau, wann es war. Irgendwann zwischen 14-17km, traf ich auf der Gegenseite endlich meinen Kumpel Max. Er hat es doch rechtzeitig zum Start geschafft und war ebenfalls mit ner flotten Sohle unterwegs. Wahnsinn. Nun nur nicht nachlassen, sonst holt er mich bei seiner Premiere noch ein *grins*
Bald kommt die Kilometer 20- und kurz darauf die Halbmarathon-Grenze. Das bedeutet zum einen es gibt Gels und zum anderen ich weiß wo ich im Rennen stehe. Nachdem ich das erste Geld bei km20 zu mir genommen habe, einschließlich Wasser und ner Banane ging es mit schnellen Schritten zur 21,1km-Marke und was sehe ich da – ich bin bei ca. 1:41h – das bedeutet gem. der mir gelehrten Mathematik, ich befinde mich 4 Minuten unter Plan. Ups. Doch viel zu schnell. Verdammt? Das kann doch bis Ende nicht gut gehen. Auf der zweiten Hälfte war ich bisher immer schneller. Werde ich das auch heute durchhalten? Oder passiert etwas mit meinen Muskeln? Ich will es mir ehrlich gesagt gar nicht ausmalen.
Die zweite Hälfte kann beginnen. Ich versuchte erst einmal zu beschleunigen. Das Ziel klar vor Augen. Was ich jedoch feststellte, dass die schnelleren Läufer total unentspannt sind und sich genauso dämlich anstellen wie überall. Wasser nehmen, stehen bleiben! Wasser nehmen, sich in den Weg stellen. Weg kreuzen – gut das ist mir auch einmal passiert. Aber ich habe echt die Schilder für die Verpflegungsstation nicht gesehen. Sorry noch mal … aber habe ja niemanden umgerannt! 🙂
So ging es mit Kilometer 25 weiter … und ich musste feststellen, meine neuen Ärmlinge sind echt top und waren ihr Geld wert! Guter Spontankauf 🙂 Aber …. ich musste zum dritten Mal austreten .. das hatte ich ja noch nie. Das hat mich heute locker 2-3 Minuten zusätzlich gekostet. Egal … nicht alles ist planbar an so einem Tag!
Gleich kommt Kilometer 30 … hier weiß ich dann wieder, wo ich mich in diesem Rennen befinde.
An der Stelle bedeutet es aber auch, man befindet sich auf der Mainzer Landstraße und zurück in die City. An dieser Stelle hatte ich knapp über 02:23h auf meiner Uhr. Puh wow. Das heißt ja, ich habe mir einen 7 Minuten Puffer auf meine gesteckte Zielzeit erlaufen. Was nun? Und wieder stellte sich die Frage, halte ich das nun noch 12 Kilometer durch? Nur noch 12 Kilometer? Wie oft bin ich gemütlich diese Distanz im Training gelaufen? Das ist doch überhaupt nix. Also los gehts … A-B-E-R .. ich merkte meine Oberschenkel inzwischen enorm. Der schnelle Start zollt doch seinen Tribut. Timo, nicht aufgeben … Go go go … Du bist deinem Ziel so nahe. Kräfte mobilisieren und weiter … meine Playlist war an dieser Stelle eher slow unterwegs … naja 🙂 Doch Kilometer für Kilometer musste ich dieses Mal echt kämpfen. Und mein Kopf senkte sich Richtung Boden und meine Gedanken kreisten immer mehr um meine Eltern … ja sie fehlen mir und ja ich will sie stolz machen! Was ihre Kinder inzwischen alles so auf die Beine stellten! Was mein Bruder innerhalb von nur einem Jahr für sportliche Disziplin und Leistungen aus sich herausgeholt hat. Was ich die letzten Jahre kontinuierlich von 0 auf 100 zu Stande gebracht habe und jetzt laufe ich gerade meinen (dritten) Marathon innerhalb von 12 Monate! Und sogar die kleine Schwester macht immer häufiger Sport, wäre da nicht ein mieser Splitterbruch dazwischen gekommen. Aber sie kommt bald wieder auf die Beine und dann gehts weiter! Ok ok .. ich drifte schon wieder vom Thema ab … 🙂 Nix neues bei mir! I know 🙂 Und jetzt rollen noch mehr von euch die Augen – wenn ich mit dem Deutsch/Englisch Mix anfange! 😀
Aber letztendlich will ich mir was beweisen – mir geht es nicht um die finale Zeit! Sondern was ich bisher geleistet habe, zu was ich im Stande bin zu leisten, was mein Körper leistet – was ich vorher nie dachte!
Doch der Körper wirkt zu diesem Zeitpunkt schwach und müde. Oder ist es der Kopf? So laufe ich in meinem Tunnel, Schritt für Schritt weiter gen Ziel. Aber tue mir echt schwer. Und ja, bin sogar bei den Gedanken an meine Eltern den Tränen nahe … doch bei ca. km35 standen meine Arbeitskollegin Janine und ihr Mann Marcelo (der mit mir laufen wollte, jedoch am Morgen aufgrund Verletzung leider absagen musste) – und was soll ich sagen? Die Rettung zur rechten Zeit! Sie feuerten mich an und Marcello rief mir noch hinterher, „…wenn du weiter so machst Timo, dann kommst du bei 3:21 ins Ziel …“ – wow? Wirklich? Die gaben mir noch mal richtig Antrieb und Energie für die letzten Kilometer – denn es sind ja nur noch 7! Kopf und Oberkörper wieder aufgerichtet, das Lächeln zurückbekommen und weiter gehts. Einen Kilometer später steht mein Schatz Julia und auch ihr Lächeln machte mir weiter Mut dies durchzustehen! Also … nicht so anstellen, Vollgas! Ich bemerkte zwar meine Beine und meine linke Wade deutete an … ein falscher Tritt und ich ärgere dich mit einem Mordskrampf … aber ich ignorierte dies gekonnt und machte Schritt für Schritt um wieder in die Innenstadtschleife zu laufen! Dort nahm ich die ganzen Menschen – die bei der Kälte am Rand standen und die Läuferinnen und Läufer anfeuerten wahr – und genoss es einfach … die letzten Kilometer meines letzten Straßenmarathons! Wow – Gänsehaut! Also wenn ich jetzt nicht über meine eigenen Beine stolpere hab ich es echt geschafft … yeahhhhhh! Nochmal an der alten Oper, an der Hauptwache vorbei. über die Friedrich-Ebert-Anlage und final zur Festhalle einbiegen! Und dort jubelten alle zu, Jana stand da und schrie sich die Seele aus dem Leib und ich lief in die Halle auf den roten Teppich ein! Und alle feierten auf den letzten Meter .. und ich dachte mir .. neeeee … feiern kann ich hinter dem Ziel! Also links an allen vorbeiziehen, mit dem HR1-Moderator abklatschen und zack ins Ziel! Geschafft!
Ich werde direkt durchgeschoben … sehe Frank Buschmann, der sein Interview unterbrach mich ansah und meinte, „Alles klar bei dir Timo?“ Ich so, ähm ja? „Du kannst ja noch lachen?“ 🙂 Tja, wenn ich bzw. wir Golowkos eines können, dann immer und in fast jeder Situation grinsen oder lachen 🙂 Ich ging nach draußen, dort stand Sabrina Mockenhaupt beim Interview. Sie ist echt klein 😉 Und nun ist es soweit .. ich bekomme Glückwünsche und bekomme die Medaille umgehängt! Mission erledigt! Blick auf die Uhr .. und wow … 03:22:43h
Minimalziel war Sub3:30 – Plan war 3:29h und erreichtes Ziel 03:22h – puh, hab ich das wirklich geschafft? Schaut so aus … 10 Minuten unter meine PB von Berlin. Das war gerade mal vor 6 Wochen. Und dort war bestes Wetter! Das ist einfach der Wahnsinn!
Aber nun hatte ich Hunger … und habe erst einmal jeden Stand abgelaufen und mich versorgt und dabei auf der App geschaut wo Max und Kai bleiben .. und ich war erneut geflasht! Wahnsinn, was für Leistungen an diesem Tag! Respekt, Hut ab Jungs! Bin stolz auf euch und eure Leistungen! Der Hammer!