Test: Adidas Terrex Agravic Ultra

Vor einigen Wochen hat mir Adidas netterweise den neuesten Trailschuh zukommen lassen – den Adidas Terrex Agravic Ultra. Ein Schuh der vor allem durch die Weltklasse Läuferin Ekaterina Mityaeva mitentwickelt wurde. Wie der Name bereits vermuten lässt, zielt der Schuh auf die Ultraläufer als Zielgruppe ab. Das Modell Terrex Speed Ultra hatte diese Bezeichnung zwar ebenfalls, aber war dann am Ende doch nur für sehr geübte Trailläufer im Ultra einzusetzen oder in meinem Fall als Amateur zumindest bis zu einem Bergmarathon oder vielleicht max. 50km.

Anmerkung: Die Schuhe wurden mir freundlicherweise vom Hersteller für diesen Test zur Verfügung gestellt. Dies hat jedoch keine Auswirkung auf das Testergebnis.

Dies soll beim Agravic Ultra anders sein. Dies sieht man sofort an seinem Erscheinungsbild, seinem Aufbau und letztendlich an seinem Gewicht (in EU46 377g pro Schuh). Da sind ein paar Gramm mehr dran. Was der etwas dickeren Sohle und deren Zusammensetzung geschuldet ist – doch diese will einfach unbedingt ganz viele Kilometer auf diese Trails setzen. Was auch beim diesjährigen UTMB zu beobachten war, denn bei vielen Terrex Athlet*innen war dieser Schuh im Einsatz 😉

Aufbau / Technik: was steckt in dem neusten Schuh von Adidas Terrex? Hier wird das Prinzip einer Carbonplatte ins Gelände übernommen, nur ohne Carbon 😉 Ein Inlay aus biobasiertem TPE (Thermoplastisches Elastomer), das zu 90% erneuerbarem Ressourcen besteht. Diese Sohle ist zwischen der Außen- und Zwischensohle eingebettet. Wir haben hier also eine Kombination aus dem bekannten Boost Material, der Lightstrike Dämpfung und dem eben erläuterten TPE-Inlay, welches einen spürbaren Antrieb nach vorne geben soll, aber auch den Fuß auf den langen anspruchsvollen Strecken in den Bergen unterstützen soll.

Die Key-Facts von Adidas:

  • Nutzung: Trail
  • Ideal für: Lange Trail-Läufe
  • Gewicht: 299g
  • Sprengung: 8mm
  • Hybrid-Sohle mit Lightstrike, Boost und bio-basierter TPE-Platte
  • Continental Außensohle
  • Primegreen
  • Erhältlich in vier Farben (Testmodell: Cloud White / Grey Two / Core Black)
  • Unverbindliche Preisempfehlung: 160,00 Euro

Doch um den Schuh nun direkt zu testen, ziehe ich das Paar direkt über! Ja, er fühlt sich eindeutig anders an. Den ersten Aha-Moment wie beim Speed Ultra, fällt hier weg. Ich stand – um kurz eine kleine Zwischengeschichte einzuschieben – vor der Frage, ob ich den Innsbruck Alpine K42 im Speed Ultra oder im Agravic Ultra laufe und entschied mich schlußendlich für den Speed Ultra. Was auch sicherlich die bessere Wahl war. Und es ist inzwischen auch kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan des Speed Ultras bin. Den Agravic Ultra hatte ich vor Innsbruck bei zwei Trainings direkt an, um mir einen ersten Eindruck zu machen. Es gibt die Schuhe, die man anzieht und erst nach einiger Zeit wird man mit diesen warm und dies wollte ich nun herausfinden, ob hier der gleiche Eindruck vermittelt wird. Wie ihr heraushören könnt, hat mir das erste Hereinschlüpfen nicht gleich direkt zugesagt. Sie wirken steifer und auch härter – und man merkt sofort, hier befindet sich etwas in der Fußsohle! Dies wirkt in der Tat die ersten paar Meter etwas befremdlich, aber legt sich auch sehr schnell. Ich bin gespannt, wie er sich nach zwei drei Stunden Dauereinsatz anfühlt.

Zudem fällt sofort auf, der Schuh ist breiter im Vorfuß. Im Mittelfuß und an der Ferse sitzt er bombenfest, jedoch im Vorfußbereich bietet er sehr viel Platz. Ich bin normal froh darüber, da ich nicht die schmalsten Füße habe und viele Schuhe auf dem Markt mir schlichtweg zu eng sind. Das hier ist etwas zu viel des Guten. Adidas hat hier zwei Extra-Löcher für die Schnürung eingebaut (insgesamt zehn pro Seite!). Hiermit ist es möglich, entsprechend seinen Vorlieben den Schuh anzupassen. Korrekturen sind möglich, trotzdem (siehe Fotos) ist einiges an Spielraum vorhanden. Dies mag nach 50-60km zum großen Vorteil werden, wenn die Füße anschwellen, für die kurzen Trainingsrunden – in meinem Fall – nicht optimal. Vielleicht finde ich mit der Zeit hier noch eine passende Lösung bei der Bindung 😉

Das Obermaterial, wenn auch sehr dünn (und luftig – es kann durchgeschaut werden), ist steifer als beim Speed Ultra oder anderen Modellen. Wenn man technisch unterwegs ist und der Fuß mehr einknickt, dann wirft der Schuh unangenehme Falten. Und dadurch, dass das Obermaterial (aus Primegreen -> recyceltem Polyester) steifer ist, ist dies direkt spürbar. Der Vorteil an dem festeren Obermaterial ist natürlich der Schutz. Steinchen spürt man nicht mehr so schlimm 😊 Die Ferse und die Zehen sind richtig eingepackt, hier kommt gar nichts durch. Das sollte gerade im alpinen Gefilde für ausreichend Schutz sorgen.

Ich bin nun einige Kilometer über Asphalt, durch den Wald und etwas technischer (Singletrails, Wurzeln, rutschiger Boden) im Wald unterwegs gewesen und man gewöhnt sich recht schnell an den Schuh. Vor allem Downhill spürt man den Effekt der TPE-Platte enorm, hier wird man sprichwörtlich nach vorne getrieben. Fühlte sich an, wie die erste Fahrt mit einem eBike – ein Aha Effekt, große Lauffreude und man möchte einfach nicht auf die Bremse gehen 😉 Auf ebener Fläche spürte ich den Effekt nicht so enorm, aber dies wird sich sicherlich auch erst auf richtig langen Strecken bemerkbar machen, wenn die Beine “nicht so schnell” ermüden und die Platte unterstützt. Das schiebe ich dem Bericht nach, sobald ich die Tage zwei oder drei Longruns gelaufen bin.

Was direkt nach ein paar Metern auffällt, er ist nicht so agil, wie die leichteren Trailracern. Da man bei einem Ultra tendenziell länger und langsamer unterwegs ist, ist es wie gesagt auch nicht der Anspruch des Schuhs. Natürlich ist auch ein kurzes flottes Trailrennen mit möglich, aber hier würde ich doch eher zu anderen Schuhen aus dem Regal greifen 😉 Der Schuh soll lange unterstützen und Sicherheit geben und dies führt zu Abstrichen in diesem Bereich.

Kommen wir zur Außensohle – wie immer arbeitet Adidas hier mit der Continental Mischung zusammen und seit Jahren sind sie als sehr zuverlässiger Partner bei allen möglichen Witterungsbedingungen bekannt. Ich hatte zu jeder Zeit ein sicheres Trittgefühl. Nur eine Sache ist leicht negativ aufgefallen: in dem Aufbau der Sohle können sich Steine einklemmen.

Fassen wir kurz zusammen: der Adidas Terrex Agravic Ultra ist ein Schuh für die richtig langen Trails. Er ist lauffreudig, macht dafür Einbußen bei der Agilität und Leichtfüßigkeit. Kann dadurch jedoch wieder beim Schutz der Füße punkten, was in wiederum sehr steif macht. In meinem Fall war eine kleine Eingewöhnung an dem Schuh notwendig, doch dann spielt er seine Stärken aus. Die längeren Läufe werde ich noch nachholen und wie auf Dauer sich die TPE-Platte in Kombination der Ermüdung meiner Füße und Beine verhält.

Ein toller Schuh (der auch optisch überzeugen kann), für ein eher begrenztes Einsatzgebiet (nicht falsch verstehen: er kann theoretisch auch als Door-to-Trail Schuh für die kurze Trainingsrunde sein, aber hier spielt er nicht seine Stärken aus). Wer noch für 2021 oder 2022 einen Ultratrail-Schuh sucht, sollte auf jeden Fall einen Blick auf diesen Adidas Terrex Schuh werfen!

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