Freitag, 01.06.2023:
Es ist unfassbar schönes, aber viel zu warmes Wetter in Maria Alm. Ich hole schnell meine Startnummer ab und gehe mit der Familie ins nahegelegene Freibad. Erholung muss sein, aber werde in der Hitze wohl alle Mineralien herausspülen 🙂
Danach ging es noch mal zum Italiener neben unserer Ferienwohnung. Doch das Essen dauerte ewig, unsere Tochter ist ungeduldig und ihr wurde auf einmal Übel. Meine Frau konnte – gerade als das Essen kam – noch mit ihr raus und der Tagesinhalt des Magens entleerte sich.
Ich packte alles zusammen und nahm drei vollständige Mahlzeiten mit. Der Appetit war dahin 🙂
Nachdem es ihr ein wenig besser ging, ging ich ins Festzelt, da die Fanta 5 noch offiziell auf der Bühne vorgestellt werden. Doch dieser Prozess zog sich hin 😉
Und da ich top vorbereitet bin, habe ich dann später noch meine Uhr und das Handy aufgeladen und wartete und wartete, bis ich endlich schlafen konnte. Denn meine Uhr = mein Wecker und verschlafen wäre so früh am Morgen kein guter Start.
Samstag, 02.06.2023:
Um 5:00 Uhr klingelte der Wecker. Ich war gut drauf. Meine Mädels schliefen noch tief und fest und ich frühstückte in Ruhe. Marmeladentoast und Kaffee. Packte meine Sachen, zog mich an und lief gegen 6:00 Uhr zur Halle. Dort gab es das Race Briefing, die Ausrüstungskontrolle und ab zur Startaufstellung.
Es war zu Beginn noch leicht frisch, aber man merkte, spätestens eine Stunde später wird es ordentlich warm.
7:00 Uhr – Startschuss – es geht aus Maria Alm heraus, parallel zur Natrun Seilbahn nach oben auf den Natrun und es wird wirklich bereits warm. Die Sonne legt Maria Alm in eine sanfte Morgenröte, der Himmel ist leuchtend blau und es ist einfach ein schöner Anblick. Doch keine Zeit, dies ausgiebig zu genießen. Die ersten Höhenmeter sind geschafft, ein erstes Lächeln in die Kamera am Prinzensee und ich fühl mich erstaunlich gut. So darf es gerne bleiben. Im Gegensatz zu meinen früheren Rennen, achtete ich auf meinen Puls – übertrieb es nicht und unterhielt mich mit dem ein oder anderen Läufer und wir machten einige Späße. Die ersten Kilometer verliefen wie im Flug und so war ich auch recht flott über dem Baleitenkopf darüber und bei der ersten VP in Hinterthal und gönnte mir das erste Stück Wassermelone und füllte meine Flasks wieder auf. Und es ging natürlich wieder hoch. Etwas asphaltiert, doch recht schnell wurde es wieder der klassische Trail und diesen kannte ich bereits gut, da wir diesen im Trail Camp nach unten gelaufen sind. Hoch zur Pichl Alm.
Oben angekommen war es nun wirklich bereits warm und über den kleinen Downhill, quer über die Straße ging es zum spannenden Teil. Ich schaute, dass ich mich mit Wasser, Elektrolyten und Gels gut versorgte und lief gemütlich weiter.
Bei der VP2 in Dienten hatten wir bereits ca. 1.600 Höhenmeter und 22km hinter uns. Ich füllte wieder die Flaschen auf, aß Wassermelone. Traf Tina und wir liefen ein paar Meter weiter und sie meinte noch, so gut es bisher auch lief, ab jetzt kommt der harte Teil. Und gab mir schon einen Ausblick, dass dieser richtig lang wird.
Knapp 2,5h hatten wir bis dato gebraucht und alles noch gut. Ab jetzt ging es nur noch hoch. Und mein Körper hatte auf einmal mit Magenkrämpfen zu kämpfen. Wieso denn das? Ich kannte das aus dem Training, oft geht es nach 15-20 min weg, daher versuchte ich entspannt zu bleiben. Den ein oder anderen nassen matschigen Fuß holte ich mir in einem Bach und dann wurde es tricky. Ein Stacheldrahtzaun und wir sollten auf die andere Seite. Manche kletterte drüber, machte unten durch. Manche liefen falsch. Nicht optimal. Wir passierten den Grinnköpfl und die Marbachhöhe. Und es ging nun richtig hoch – ab auf den Grat. Ab Richtung Statzerhaus am Hundstein in 2.117 m Höhe. Doch um dort hinzugelangen, wartete der Klingspitz auf uns.
Was schön war: zwischendrin mal leichte Lüftchen und Schneefelder – was nicht so schön war, keine Energie. Gerade flache Passagen musste ich gehen, anstatt laufen und bergauf kämpfte ich mich hoch. Dies erging vielen so, doch ich wurde gefühlt immer langsamer. Ich trag noch jemand von den Fanta 5 aus dem letzten Jahr und meinte, wir sind gut unterwegs. 7h sind noch drin. Ich wollte ihm so gerne glauben.
Die Magenschmerzen wurden nicht besser und jeder Meter tat einfach weh. Ich hatte keine Energie. Keine Kraft. Meine Beine waren schlapp und mein Motor stotterte. Erstmals, dass ich Gedanken ans Aufgeben hatte. Doch ich musste ja so oder so irgendwie wieder nach Maria Alm kommen. Also lief ich erstmal weiter. Ich versuchte immer wieder am Wasser zu nippen. Mich immer wieder an den Schneefeldern herunterzukühlen und zu erfrischen.
Am Statzerhaus (ca. km 34) gönnte ich mir die Pause. Viele Melonen, Wasser, ein Stück trockenes Brot (das half mir etwas) und für die weiteren Kilometer nahm ich mir ein Fruchtmus mit. Und dann kam erstmal ein Schneefeld von 5m, dass man nur herunterrutschen konnte. Also ab auf den Hintern und runter gehts.
Jedesmal als ich dachte, dass waren alle Anstiege kam ein erneuter Anstieg und wieder einer und ich kam nicht mehr voran. Ich verlor vollständig die Lust. Die Lust an den Bergen. Fotos zu machen. Mich um zusehen und zu genießen. Ich wollte einfach nur noch nach Maria Alm zurück – ein alkoholfreies Weißbier trinken und meine Familie sehen.
So ging es über den Grat über den Schönwieskopf, Schwalbenwand – zwischendurch mit schönem Blick auf Zell am See – und weiter zum Hofer Plattl. Doch jeder positive Höhenmeter machte mich so unfassbar fertig – das Gefühl hatte ich echt noch nie gehabt. Doch auch irgendwann erreichten wir den höchsten Punkt. Auf dem Schild stand, ab jetzt gehts nur noch nach unten – DOCH … direkt danach kam noch mal ein Anstieg. Das nenne ich Motivation. Aber ab dann ging es nur noch bergab. Endlich.
Doch nicht soooo laufbar wie erhofft. Häufige Umknickgefahr.
Kilometer 44 – eine VP. Warum? 🙂 Wir sind doch gleich da, oder? Aber Melone und Wasser nehm ich doch gerne noch mal mit. Ich lief aber sehr schnell weiter und nun wurde es laufbarer und ab ins Tal. Der linke Oberschenkel meldete sich kurz, doch mit einer Salztablette alles im Griff 🙂
Und dann ging es nach Maria Alm rein und es war Hochsommer. Gefühlt 35 Grad im Schatten (war es natürlich nicht) – aber Hitze vom Asphalt, Hitze von oben. Hitze von überall. Ich stolperte noch einige Male über Wurzeln, knickte um – aber alles im grünen Bereich. Ich versuchte ein gutes Tempo zu finden, doch auch darüber hätte jede Schnecke mich ausgelacht. Ich kam nicht vom Fleck. Aber ich bin doch gleich da – das ließ mich das durchstehen.
Kurz vor knapp, verlief ich mich noch. Paar extra Meter – wieso nicht. Nahm noch paar Treppen mit und endlich bin ich im Ortskern. Die Menschen feuerten mich an. Ich sah aus wie ein Elend – das Leiden pur. Doch ich lief und lief und endlich das Ziel. Ich bog – nach dem Sprung an die Glocke – direkt ins Zelt zum Bier und stellte irgendwann fest – ich habe ja gar keine Medaille 🙂 Egal.
Melonen und 4-5 Becher alkoholfreies Weißbier brachten mich wieder ins Leben zurück. Ich zog Rucksack, Schuhe, Socken aus – und ab in den Pool. Das tat einfach sooo unfassbar gut. Danach gönnte ich mir noch eine Miso Fertigsuppe und legte mich in einen Liege-Klappstuhl.
Doch meine Frau und Tochter warteten. Ich lief die 500 Meter Barfuss zurück in die Pension.
Ich war stolz. Stolz das ich es durchzog und diese Herausforderung gemeistert habe. Doch konnte ich es in keiner Weise genießen. Ich hatte Spaß, aber eigentlich auch nicht. Schwer in Worte zu fassen.
Danke für die Unterstützung der Läufer:Innen auf der Strecke, für die Aufmunterungen, für die Anfeuerungen am Rande, für die Verpflegungen (großes Dank an alle Helfer:Innen) und an meine Familie.
Die, die dabei sein konnten und auch die Personen – die von oben zuschauten und auf mich Acht gaben!